Kein Joghurt mehr – jetzt steigen die Abwassergebühren
Weil ohne Molkereibetrieb kein Industrieabwasser mehr anfällt, erhöht die Gemeinde Hirzel die Abwassergebühr von 36 auf 290 Franken.
Von Elio Stamm Hirzel – Die Hirzler Abwasserreinigungsanlage Fabrikrain ist nicht gerade günstig im Unterhalt. Sie verwendet ein spezielles Verfahren, das vor allem in der Industrie eingesetzt wird, und ist mit den Anlagen der Nachbargemeinden nicht vergleichbar: Das Abwasser wird in zwei Reaktoren ausserhalb des üblichen Durchflusses gereinigt, wie in einer Art Waschmaschine. «Sequencing Batch Reactor» nennt man das. Die Wahl des Verfahrens machte beim Bau der ARA in den Neunzigerjahren durchaus Sinn. Zwei Drittel des Abwassers stammten damals aus der Industrie, grösstmehrheitlich von der Nestlé, welche in der altehrwürdigen Molkerei die berühmten Hirz-Joghurts produzierte. Diese Zeiten sind nun aber definitiv vorbei. Die Lacmatec AG, die seit der Aufgabe der Joghurtproduktion im Jahr 2005 in den Räumlichkeiten Molkekonzentrat und damit weiter auch Abwasser im grossen Mass produzierte, stellte ihren Betrieb im vergangenen Jahr ein. Keine Besserung in Sicht Damit fehlt der Gemeinde künftig der grösste Teil des Gebührenertrags aus der Industrie. Per Ende 2011 ist der Abwasserannahmevertrag durch die alte Besitzerin der Liegenschaft, die Translait AG, gekündigt. «Ein Nachfolgevertrag ist nicht in Sicht», schreibt der Gemeinderat in einer Mitteilung. Er sieht sich darum gezwungen, die Abwassergrundgebühr per Anfang 2012 von 36 Franken pro Wohnung oder Haus auf 290 Franken zu erhöhen. Nur so kann die ARA kostendeckend betrieben werden, was vom Gesetzgeber verlangt wird. Bereits in den letzten Jahren, als immer noch viel Industrieabwasser anfiel, habe sich ein Ausgabenüberschuss angesammelt, sagt Gemeindeschreiber Adrian Hauser. «Kumuliert beläuft er sich auf knapp 140 000 Franken.» Mit den 290 Franken Grundgebühr liegt Hirzel noch in einem ähnlichen Rahmen wie andere Bezirksgemeinden, wenn auch am oberen Ende. In Horgen beträgt die Grundgebühr für ein Einfamilienhaus 201 Franken, in Wädenswil bezahlt man für eine 5-Zimmer-Wohnung 210 Franken. Hinzu kommt im Hirzel aber eine Verbrauchsgebühr von 4 Franken pro Kubikmeter. Diese ist derart hoch im Vergleich zu anderen Gemeinden, wo sie sich meist unter 2 Franken bewegt, dass sie selbst in den Augen des Gemeinderates «nicht weiter erhöht werden kann».Die Höhe der Abwassergrundgebühr ist nicht in Stein gemeisselt. Dass sie aber bald wieder gesenkt wird, ist eher unwahrscheinlich. Dafür müsste die jetzige Besitzerin der ehemaligen Joghurtfabrik, die ISE Immobilien AG aus Kriens, wieder ein Industrieunternehmen finden, das hauptsächlich Flüssigkeiten verarbeitet. Diese Chance hält Gemeindeschreiber Hauser für klein. Abwasser-Export zu teuer Bevor sich der Gemeinderat zur Gebührenerhöhung entschied, prüfte er die Möglichkeit, die eigene ARA zu schliessen und sich an eine andere Gemeinde anzuschliessen. Doch dies würde zu noch höheren Kosten führen. «Schönenberg ist zu klein, um unser Abwasser zu klären», sagt Hauser. Und nach Wädenswil oder Horgen müsste das Abwasser zuerst den Hügel hinaufgepumpt werden, da die ARA in Richtung Zug liegt. Bleibt noch Cham, «doch dorthin ist es auch weit». Erst wenn die ARA Fabrikrain umfassend erneuert werden muss, will der Gemeinderat ihre Einstellung prüfen. Bis dahin müssen die Hirzler mit einer ARA leben, die Sachen kann, die sie nicht mehr muss. «Die Verbrauchsgebühr von 4 Franken pro Kubikmeter ist so hoch, dass sie nicht weiter erhöht werden kann.» Gemeinderat Hirzel
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