Keine Laufzeitbeschränkung für AKWs
Der Ständerat sieht keinen Bedarf für ein eigenes Konzept zum Langzeitbetrieb der Schweizer AKWs. Diese sollen so lange laufen, wie sie die Aufsichtsbehörde als sicher einstuft.
Der Ständerat will die Laufzeit von Atomkraftwerken nicht beschränken. Auch will er die AKW-Betreiber nicht dazu verpflichten, ab 40 Jahren ein Langzeitbetriebskonzept vorzulegen. Das hat er bei den Beratungen zur Energiestrategie beschlossen.
Nach dem Willen des Ständerates soll alles beim Alten bleiben: Atomkraftwerke sollen so lange laufen, wie die Aufsichtsbehörde ENSI sie als sicher einstuft.
Der Nationalrat hatte sich dafür ausgesprochen, die Laufzeit der ältesten AKWs auf 60 Jahre zu beschränken. Beznau I müsste damit im Jahr 2029 vom Netz gehen, Beznau II im Jahr 2031. Ab 40 Jahren sollen AKW-Betreiber nach dem Willen des Nationalrates zudem ein Betriebskonzept für die jeweils nächsten zehn Jahre vorlegen müssen. Darin sollen sie unter anderem die geplante Betriebsdauer angeben.
Geltende Regeln genügen
Das ENSI selbst hatte sich die gesetzliche Grundlage dafür gewünscht, von den AKW-Betreibern solche Langzeitbetriebskonzepte fordern zu können. Im Ständerat hat sich die Idee nun aber nicht durchgesetzt. Der Rat sprach sich mit 25 zu 20 Stimmen dagegen aus. Eine Begrenzung der Laufzeit lehnte er mit 25 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Zur Diskussion stand im Ständerat eine Limite von 50 Jahren.
Die Mehrheit befand, die geltenden Regeln genügten, um den sicheren Betrieb der Atomkraftwerke zu gewährleisten. Das Langzeitbetriebskonzept bringe keine Verbesserungen. Es würde im Gegenteil zu einer Rechts- und Investitionsunsicherheit führen und könnte damit der Sicherheit abträglich sein.
Gegenteilige Wirkung
Das bisherige System habe sich bewährt, stellte Georges Theiler (FDP/LU) fest. Die Frage sei, welche Variante zu mehr Sicherheit führe, sagte Roland Eberle (SVP/TG), Verwaltungsrat des Energiekonzerns Axpo, der das AKW Beznau betreibt. Aus seiner Sicht sei das die heutige Regelung.
Mit einer befristeten Bewilligung würden die Anreize für die Betreiber sinken, in die Sicherheit zu investieren, sagte Eberle. Er appellierte ferner an den Rat, die Spielregeln nicht während des Spiels zu ändern. Das würde verfassungsmässige Rechte verletzen.
Alte AKWs nicht verlottern lassen
Die Befürworter wiesen ihrerseits auf die Gefahren hin, die von alternden AKWs ausgehen. In der letzten Lebensphase seien die Kraftwerke am gefährlichsten, sagte Verena Diener (GLP/ZH). Man dürfe AKWs nicht «verlottern lassen».
Die Atomaufsichtsbehörde ENSI wünsche sich eine Grundlage für Langzeitbetriebskonzepte, betonte sie. Diener erinnerte die Ratsmitglieder daran, dass sie geschworen hätten, sich zum Wohl der Bevölkerung einzusetzen, nicht zum Wohl der AKWs.
Nicht Befehlsempfänger der Axpo
Theiler zeigte sich empört über diese Aussage. Er lasse sich nicht vorwerfen, den Eid nicht einzuhalten. Und er sei nicht Befehlsempfänger der Axpo, betonte der FDP-Ständerat. Er warf seinerseits den Befürwortern vor, Stimmung machen zu wollen.
Pascale Bruderer (SP/AG) stellte fest, sie habe ein gewisses Verständnis für Vorbehalte gegenüber einer zeitlichen Befristung. Ohne Befristung brauche es aber das Langzeitbetriebskonzept. Es gehe um die Sicherheit, aber auch um eine politische Antwort auf die Frage, wie man das Ende der Atomkraft gestalten wolle.
Kontrollierte kontrollieren sich selbst
Felix Gutzwiller (FDP/ZH) sprach sich ebenfalls für das Langzeitbetriebskonzept aus. Er habe keine überzeugende Gründe gehört, das Anliegen des ENSI nicht zu erfüllen. Und er möchte nicht in der Verantwortung stehen, das Anliegen abgelehnt zu haben, wenn je etwas passieren sollte.
Konrad Graber (CVP/LU) sprach sich gegen das Langzeitbetriebskonzept aus, stellte aber die Kompetenzen und die Unabhängigkeit des ENSI in Frage. Es bestehe der Verdacht, dass sich die Kontrollierten selbst kontrollierten. Die Nähe zwischen der Aufsichtsbehörde und dem AKW-Betreiber habe sich bei der Untersuchung der Katastrophe von Fukushima als Hauptproblem herausgestellt.
Oldtimer vom Netz nehmen
Thomas Minder (parteilos/SH) wiederum bemerkte, wenn Sicherheit wirklich die oberste Maxime sei, gehe es nicht an, die «Oldtimer«-AKW möglichst lange laufen zu lassen. Bei einem GAU nütze auch das Langzeitbetriebskonzept nichts.
Energieministerin Doris Leuthard betonte, die Sicherheit habe stets Vorrang. Die Verantwortung sei gross und nehme zu, da inzwischen drei AKWs über 40 Jahre alt seien. Sie habe daher Verständnis für das Anliegen des ENSI. Was der Nationalrat im Gesetz verankern wolle, könne das ENSI aber auch ohne gesetzliche Vorlage.
Unumstritten ist, dass in der Schweiz keine neuen Atomkraftwerke gebaut werden sollen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat im Gesetz verankert, dass Rahmenbewilligungen für die Erstellung von AKWs nicht erteilt werden dürfen.

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SDA
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