Kinderspitäler melden deutlich mehr Fälle von Misshandlungen
Letztes Jahr sind in der Schweiz 28 Prozent mehr Kinder Opfer von Misshandlungen geworden als im Vorjahr. Traurige Tendenz: Je kleiner die Opfer, desto häufiger sind sie von Gewalt betroffen.

Im vergangenen Jahr haben Schweizer Kinderkliniken insgesamt 1180 Fälle von Kindsmisshandlungen gezählt. Das sind 28 Prozent mehr als im Jahr 2010, wie die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie heute mitteilte.
Der Anstieg ist teilweise mit der besseren Meldedisziplin der Kinderkliniken erklärbar: Von den insgesamt 27 Spitälern schickten im vergangenen Jahr 18 ihre Daten zur Auswertung an die Fachgruppe Kinderschutz der schweizerischen Kinderkliniken. Im Vorjahr hatten sich 15 Kinderkliniken beteiligt. Die Statistik wurde in dieser Form erst zum dritten Mal in Folge erstellt.
291-mal sexuelle Misshandlungen
«Diverse Kliniken haben aber auch deutlich mehr Fälle zu verzeichnen gehabt als im Vorjahr», schreibt die Fachgruppe Kinderschutz. Am häufigsten wurden die Kinder wegen körperlicher Misshandlung (347 Fälle) und Vernachlässigung (335) ins Spital eingeliefert.
Fälle von sexueller Misshandlung meldeten die Spitäler 291-mal, psychische Misshandlungen stellten sie in 202 Fällen fest. Das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom wurde fünfmal verzeichnet. Dabei erfindet zum Beispiel die Mutter eine Krankheit für ihr Kind, um eine medizinische Behandlung zu erreichen. Diese subtile Form der Kindsmisshandlung kann bis zum Tod des Kindes führen.
Knaben stärker betroffen als Mädchen
Die Kleinsten werden auch am häufigsten misshandelt: Mit 250 Fällen waren die Kinder im ersten Lebensjahr am häufigsten von Kindsmisshandlung betroffen. 602 Kinder oder 59 Prozent waren zum Zeitpunkt der Misshandlung zwischen null und sechs Jahre alt.
Im Gegensatz zum Vorjahr waren 2011 die Knaben mehr betroffen als die Mädchen. 54 Prozent der gemeldeten Misshandlungen betrafen Buben. Einzig beim sexuellen Missbrauch ist das Verhältnis deutlich anders: 73 Prozent der sexuellen Missbrauchsopfer waren Mädchen.
Grosser Teil der Missbräuche erfasst
Die festgestellten Missbrauchsfälle haben nicht zwingend Konsequenzen: Bei rund der Hälfte der Fälle seien vormundschaftliche Massnahmen eingeleitet worden, heisst es in der Statistik. In jedem sechsten Fall wurden die mutmasslichen Täter bei der Polizei angezeigt.
Die Statistik wurde in dieser Form zum dritten Mal in Folge erstellt. Insgesamt beteiligten sich 66 Prozent der Schweizer Kinderspitäler. Da vor allem kleinere Kinderabteilungen keine Missbrauchsfälle gemeldet hätten, erfasse die Kinderschutzfall-Statistik einen «ganz grossen Teil» der Missbrauchsfälle, schreibt die Fachgruppe Kinderschutz.
SDA/rbi
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