Kläranlagen könnten AKW Mühleberg ersetzen
Im sanktgallischen Morgental entsteht eines der ehrgeizigsten und innovativsten Energieprojekte. Das Bundesamt für Energie spricht von einem «Leuchtturm-Projekt», das Schule machen könnte.
Das Atomkraftwerk Mühleberg könnte abgeschaltet werden, wenn sämtliche Abwasserreinigungsanlagen in der Schweiz so konsequent auf die Gewinnung erneuerbarer Energien setzten wie die ARA im Morgental in Steinach: Dort entsteht bis 2015 ein Energiepark. Das Bundesamt für Energie hofft, dass das Projekt Schule macht.
Die Abwasserreinigungsanlage (ARA) Morgental stellt die Reinigung des Abwassers der vier St. Galler Gemeinden Steinach, Mörschwil, Tübach und Berg sowie der vier Thurgauer Gemeinden Arbon, Egnach, Horn und Roggwil sicher. Geschäftsführer des Abwasserverbands ist Roland Boller. Boller ist der Spiritus Rector des Energieparks.
So jedenfalls wird Roland Boller von Martin Klöti bezeichnet, dem Stadtammann von Arbon und Präsidenten des Abwasserverbands. Bollers Idee, die Kläranlage zu einem Energiepark zu entwickeln, fand Anklang bei Martin Klöti und den Delegierten des Abwasserverbands.
Industrie bestelle Wärme
Gegenwärtig wird auf dem 51'000 Quadratmeter grossen Areal der ARA in Zusammenarbeit mit der privaten Firma EBM, die als Contractor auftritt, eine Energiezentrale gebaut. Darin werden Anlagen zur Wärmerückgewinnung aus dem gereinigten Abwasser und zur Gewinnung von elektrischer Energie aus der Biomassenvergärung installiert.
Die Abwasserwärme wird dereinst in einem Netz, das durch die EMB gebaut wird, an Kunden verteilt. Bereits bestehen Vorverträge mit zwei Industrieunternehmen: die Hartchrom AG und der Nahrungsmittelhersteller Hügli wollen von der Kläranlage mit Wärme versorgt werden; entsprechende Vereinbarungen wurden unterzeichnet.
Klöti ist stolz auf den geplanten Energiepark Morgental. Der Politiker hat in der Stadt St. Gallen in Sachen alternative Energien einen Gleichgesinnten, Stadtrat Fredy Brunner, dem ein 160-Millionen- Geothermie-Projekt den Übernamen «Geothermie-Turbo» eintrug. Klöti und Brunner arbeiten seit geraumer Zeit zusammen.
Öko-Strom aus Abwasser
Das Abwasser der Stadt St. Gallen wird in Zukunft nicht über den Bach Steinach in den See geleitet, sondern schiesst in einem Rohr in die ARA Morgental und dann in den See. In der ARA Morgental entsteht in diesem Zusammenhang bis 2014 ein Abwasserkraftwerk; es wird Öko- Strom gewonnen. Volk und Verbände sprachen die Kredite.
Klärschlamm, Abwärme, Wasserkraft. Das alleine macht aber noch keinen Energiepark. Laut Martin Klöti sind auch eine Biogas-Anlage geplant, in der aus gesammelten Grünabfällen Energie erzeugt wird.
Darüber hinaus sollen mehrere tausend Quadratmeter Solarzellen im Morgental aufgestellt werden. Diese grosse Photovoltaik-Anlage wird ebenfalls Strom erzeugen. Damit der Wärmeverbund ausgebaut werden kann, wird eine Holzwärmezentrale gebaut, in der jährlich bis zu 5000 Tonnen Altholz verbrannt und die Wärme dann verteilt wird.
Projekt soll Schule machen
In den Energiepark und das Verteilnetz werden gemäss Klöti rund 60 Millionen Franken investiert. Von Kosten möchte Klöti nicht sprechen. Der Energiepark sei nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich interessant. Die Investoren würden Schlange stehen. Produziert werde in Zukunft Energie für eine 15'000-Seelen-Stadt.
Klöti sagt, der Energiepark Morgental sei ein Leuchtturm. Würden alle Kläranlagen in der Schweiz derart konsequent auf die Gewinnung von Energie setzen wie die ARA in Steinach, könnte das Kernkraftwerk Mühleberg abgestellt werden. Marianne Zünd vom Bundesamt für Energie (BFE) bestätigt diese Aussage von Klöti.
Am 17. November wird das Projekt Fachleuten vorgestellt. Dafür kommen je ein Thurgauer und ein St. Galler Regierungsrat nach Steinach und der stellvertretende BFE-Direktor Pascal Previdoli. Das BFE hofft, dass das Projekt Morgental Schule machen wird, wie Marianne Zünd sagt. Es sei in der Schweiz bis heute einmalig.
SDA/mrs
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