Kofi Annan, der Gescheiterte
Der UNO-Sonderbeauftragte hat das Scheitern der bisherigen Bemühungen um ein Ende der Gewalt in Syrien eingeräumt. Gleichzeitig bombardierte die syrische Armee offenbar Dörfer im Libanon.

Das syrische Militär hat Augenzeugen zufolge mehrere Dörfer im Norden Libanons beschossen und dabei drei Menschen getötet. Mörsergranaten seien am Samstagmorgen in Bauernhäusern 5 bis 20 Kilometer von der Grenze entfernt eingeschlagen, sagten Sicherheitskräfte. Zuvor hätten Rebellen aus Syrien die Grenze überschritten. Der Beschuss habe auch am Mittag angehalten. Eine Frau starb, als eine Granate ihr Haus in der Gegend Wadi Chalid im Nordosten des Libanons getroffen habe. Dabei seien fünf Menschen verletzt worden. Eine weitere Granate schlug später im nahegelegenen Dorf Hische ein und tötete einen achtjährigen Jungen. Der Vater und vier Geschwister des Opfers seien verletzt worden, sagten die Sicherheitsbeamten.
Zuletzt wuchsen die Sorgen, dass der Konflikt zwischen der syrischen Führung und den Gegnern von Präsident Bashar al-Assad auch auf Libanon übergreifen könnte. In der Hafenstadt Tripoli kam es Anfang Juni bereits zu Gefechten zwischen Anhängern beider Seiten. In Libanon sympathisieren viele Sunniten mit dem Aufstand gegen den syrischen Präsidenten, der der alawitischen Minderheit angehört.
«Wir waren nicht erfolgreich»
Kofi Annan hat ein Scheitern der bisherigen internationalen Bemühungen für ein Ende der Gewalt in Syrien eingeräumt. «Es ist deutlich erkennbar, dass wir nicht erfolgreich waren», sagte der internationale Sondergesandte für Syrien in einem Interview der französischen Zeitung «Le Monde» (Samstagausgabe). Gleichzeitig sprach sich Annan dafür aus, Syriens langjährigen Verbündeten Iran in die Friedensbemühungen einzubeziehen.
Welche Rolle die Regierung in Teheran dabei übernehmen solle, sagte Annan nicht. Deren enge Beziehung zu Syrien könnte sie zu einem Vermittler in dem Konflikt machen, doch die USA haben bisher die Teilnahme des Iran bei Syrien-Konferenzen abgelehnt.
Annan bemängelte auch, dass sich die Kritik der Weltgemeinschaft nicht nur auf Russland konzentrieren dürfe, das dem Regime in Damaskus bisher zur Seite gestanden hatte und gemeinsam mit China scharfe UN-Resolutionen gegen Syrien durch seine Veto-Macht im Sicherheitsrat verhindert hat. US-Aussenministerin Hillary Clinton hatte erst am Freitag auf der Konferenz der sogenannten Freunde Syriens in Paris China und Russland gewarnt, dass sie einen Preis für ihre Unterstützung des syrischen Präsidenten Baschar Assad zahlen würden. China wies diesen Vorwurf am Samstag empört zurück und betonte, dass es eine «gerechte und konstruktive» Position in dem Konflikt einnehme.
Streitpunkt Unterstützung aus dem Ausland
Annan sagte, dass auch andere Staaten durch ihre Unterstützung der beiden Seiten den Konflikt verschlimmerten. «Es wird nur wenig über andere Länder gesagt, die Waffen und Geld schicken und die Situation im Land noch schwieriger machen», sagte Annan ohne irgendwelche Länder beim Namen zu nennen.
Russland hat das Assad-Regime mit einem Grossteil seiner Waffen versorgt. Zu Waffenlieferungen an die Rebellen hat sich bisher kein Land offiziell bekannt, doch mehrere Golfstaaten haben sich positiv darüber geäussert. Erst am Donnerstag hatte die Schweiz Waffenlieferungen an die Vereinigten Arabischen Emirate ausgesetzt, nachdem ein Foto aus Syrien aufgetaucht war, auf dem offenbar eine Granate zu sehen war, die der Golfstaat aus der Schweiz erhalten hatte.
Wieder Kämpfe in weiten Teilen des Landes
Allein am Samstag kamen nach Angaben von Aktivisten wieder mehr als 50 Menschen in Syrien ums Leben. Regierungstruppen hätten ihre Offensiven gegen Hochburgen der Rebellen weiter verschärft, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Unter anderem sei es zu Angriffen ausserhalb der nordsyrischen Stadt Aleppo, der Hauptstadt Damaskus und in anderen Teilen des Landes gekommen. Mindestens 35 Rebellen und Zivilisten sowie 19 Regierungssoldaten seien dabei getötet worden.
Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Auch die rund 300 Beobachter der Vereinten Nationen, die als Teil des Friedensplans von Annan nach Syrien gekommen war, können ihre Quartiere wegen der eskalierenden Gewalt seit Wochen nicht mehr verlassen, um Einblick in die verworrene Lage zu geben. In dem «Le Monde»-Interview verteidigte Annan deren Mission. Ihre Aufgabe sei es nicht, die Gewalt zu stoppen, sondern die Einhaltung der Waffenruhe durch die Regierung und die Rebellen zu kontrollieren. Diese hätte eigentlich als erster Schritt im Sechs-Punkte-Plan Annans Mitte April in Kraft treten sollen, war aber von beiden Seiten ignoriert worden.
Aktivisten zufolge sind seit Beginn der Unruhen im März vergangenen Jahres mehr als 14'000 Menschen ums Leben gekommen.
dapd/kpn
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