Kommentar: Dämmerung in Vaduz
Welcher Tag eignete sich für ein Fürstenhaus besser als der Nationalfeiertag, um seinem Volk eine dicke Kröte vorzusetzen? Die heutige Rede von Erbprinz Alois hatte ein einziges Thema: die Aufweichung des Bankgeheimnisses. Zwar ärgerte sich der Erbprinz zur Einstimmung über die «medial inszenierte» Steueraffäre, prangerte die «fragwürdigen Methoden» der deutschen Steuerfahnder an und mokierte sich darüber, dass Liechtenstein als «Projektionsfläche» für verschiedenste Debatten missbraucht werde. Er lobte die zahllosen Stärken der Vaduzer Finanzinstitute und wies darauf hin, dass ein Grossteil der Werte Liechtensteins nicht auf dem Finanzplatz, sondern auf dem Werkplatz geschöpft werden.
Doch dann musste den Liechtensteiner Bürgern langsam dämmern, dass es heute nicht mehr nur um internationale Zusammenarbeit gegen Geldwäscherei geht, gegen die sich Liechtenstein lange gewehrt hatte und erst richtig kooperierte, als der Finanzplatz auf die schwarze Liste gesetzt wurde. Auch nicht mehr um Zusammenarbeit in Fällen von Steuerbetrug, wo sich Liechtenstein inzwischen zur Rechtshilfe bereit zeigt. Heute geht es um jene Milliarden, die wohlhabende Bürger und Firmen vor dem Fiskus ihrer Heimatländer verstecken. Angesichts ihrer Budgetprobleme scheinen sowohl EU wie USA wild entschlossen, die Steuerschlupflöcher zu schliessen.
Vaduz macht, was in dieser Situation noch bleibt: auf Zeit spielen. Die Regierung will die Kooperation im Bereich der direkten Steuern nur in bilateralen Abkommen mit jedem einzelnen EU-Staat zusagen. Bei 27 Mitgliedern kann das eine Weile dauern. Im Übrigen will man, wie bereits bei der Geldwäscherei und beim Steuerbetrug, abwarten, wie sich die Schweiz aus der Affäre zieht. Dabei hat auch die Schweiz noch keine erkennbare Strategie ausser jener, mit dem Finger auf jene zu zeigen, die noch schlimmer sind.
Immerhin dürften die EU-Nachbarstaaten nun mit Befriedigung zur Kenntnis nehmen, dass es nicht nur in Zürich, Genf, Zug oder Lugano langsam dämmert. Beihilfe zur Steuerhinterziehung wird auch im Ländle des 21. Jahrhunderts zu einem auslaufenden Geschäftsmodell.
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