Kommt jetzt das Werbeverbot für E-Zigaretten?
Bereits 15-Jährige dampfen, wie Zahlen von Sucht Schweiz zeigen. Nun steigt der Druck auf die Politik.

Der Befund der neusten Studie ist laut den Verfassern besorgniserregend: Die Jugendlichen fahren voll auf E-Zigaretten ab. Dampfen ist in. Bereits jeder zweite Bub und jedes dritte Mädchen im Alter von 15 Jahren haben es ausprobiert.
Laut den Ergebnissen der im vergangenen Jahr durchgeführten nationalen Schülerbefragung im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zieht fast ein Viertel der Knaben tagtäglich an einem solchen Gerät. Und die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die sich dem Dampfen hingeben, dürfte inzwischen weiter angestiegen sein. Denn die Befragung wurde gemacht, bevor Juul, das iPhone unter den E-Zigaretten, auf den Markt gekommen ist.

Toni Berthel, der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Suchtfragen, ist alarmiert: «Kinder entwickeln durch das stark abhängig machende Nikotin ein Suchtverhalten und gewöhnen sich daran, bei Stress oder bei Langeweile zur E-Zigarette zu greifen.» Das habe drastische Folgen: Süchtige würden dazu neigen, auch weitere abhängig machende Substanzen wie Zigaretten, Alkohol oder Joints zu konsumieren.
Alle wollen Kinder und Jugendliche schützen
Politiker beteuern, dass sie dieses Phänomen ernst nehmen. «Die Studie bestärkt uns in den Bestrebungen, das neue Tabakproduktegesetz so auszugestalten, dass der Schutz der Kinder und Jugendlichen oberste Priorität hat», sagt Joachim Eder, Präsident der ständerätlichen Gesundheitskommission (SGK). Was den Konsum und den Verkauf von herkömmlichen Zigaretten und Dampfgeräten anbelangt, trifft das zu: Das Gesetz sieht für beide Produkte ein Mindestalter von 18 Jahren vor, bisher war der Verkauf kantonal unterschiedlich geregelt.
Anders sieht es bei der Werbung aus: Das Parlament hatte das Bundesgesetz über Tabakprodukte im Dezember 2016 an den Bundesrat zurückgewiesen. Hauptgrund: Es wollte nichts wissen von einem flächendeckenden Werbeverbot. Die freie Marktwirtschaft sei höher zu gewichten als die Prävention. Der Gesundheitsminister Alain Berset musste nach dem Sieg der Tabaklobby über die Bücher und präsentiert nun eine Neuauflage. Die Einschränkungen der Werbung im Kino oder auf Plakaten, der Verkaufsförderung und des Sponsorings sind gestrichen. Tabakwerbung, die sich explizit an Minderjährige richtet, soll untersagt bleiben.
«Es ist offensichtlich, dass das starke Lobbying der Tabakindustrie dazu geführt hat, dass ein generelles Werbeverbot aus der nun vorliegenden Vorlage gekippt wurde», stellt CVP-Gesundheitspolitikerin und Nationalrätin Ruth Humbel fest. Es sei heuchlerisch, für mehr Jugendschutz zu plädieren und sich gleichzeitig gegen Werbeverbote auszusprechen.
«Jugendliche sollten möglichst wenig in Kontakt mit Tabakwerbung kommen.»
Wie das Parlament auf die Studie reagieren wird, zeigt sich bald: Die SGK des Ständerates wird in zwei Wochen die Detailberatung zum Tabakproduktegesetz starten. Bisher sträubten sich SVP, FDP und Teile der CVP gegen ein umfassendes Werbeverbot. Noch scheint diese Front nicht zu bröckeln, wie eine Umfrage bei Gesundheitspolitikern des Ständerates zeigt. Ein gewisses Unwohlsein ist indes bei einigen auszumachen. Als bürgerlicher Politiker sei er gegen ein generelles Werbeverbot, sagt der Obwaldner Ständerat Erich Ettlin (CVP): «Aber wir müssen es irgendwie schaffen, dass Jugendliche möglichst wenig in Kontakt mit Tabakwerbung kommen.»
Null Kontakt fordert der Verein «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung». Seine Initiative lancierte er nach der Rückweisung desTabakproduktegesetzes, die Vorlage soll noch im Sommer eingereicht werden. Der Ständerat habe es in der Hand, «wieder auf den Boden der Vernunft zurückzufinden», sagt Reto Wiesli vom Initiativkomitee.
Die Tabakindustrie lanciert Gegenoffensive
Es ist kaum ein Zufall, dass British American Tobacco gestern eine Erinnerung für einen Medienanlass verschickte. Titel der Veranstaltung: «Glimmstängel ade – Innovation entlastet die Lungen zu 100 Prozent». General Manager Mads Larsen will über die Transformation seiner Industrie sprechen, weg vom Rauchen, hin zum gesunden Dampfen. Swiss Cigarette, der Branchenverband der Zigarettenproduzenten, hat bereits bei der Vernehmlassung zum Tabakproduktegesetz klar gemacht, dass sie nichts davon halte, Zigaretten und ihre elektronischen Pendants gleichzubehandeln.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch