Krebsliga Zürich stellt ihren günstigen Fahrdienst ein
Wer zu Chemotherapien fahren musste, konnte bislang den Transportdienst beanspruchen. Jetzt wird er ersatzlos gestrichen.

Brigitta H. (Name von der Red. geändert) fährt jeden Monat viermal vom Hegibachplatz in Zürich zum Paracelsus-Spital in Richterswil. H. leidet an einer Krebserkrankung und wird dort bis Ende Jahr mit Chemotherapie behandelt. Für den Transport zwischen Wohnort und Spital nimmt sie den Fahrdienst der Krebsliga Zürich in Anspruch.
Eine einfache Fahrt unter zehn Kilometern kostet 15 Franken, ab zehn Kilometer 25 Franken. Brigitta H. fiel aus allen Wolken, als ihr einer der Fahrer sagte, dass der beliebte Dienst auf Ende Jahr eingestellt werde, dem Fahrpersonal sei bereits gekündigt worden.
Entscheid nochmals überdenken
Brigitta H. ist empört: «Der Dienst wird ersatzlos aus dem Angebot der Krebsliga gestrichen. Das ist total unverständlich.» Sie schätze den Fahrdienst als sinnvolle Dienstleistung, bei der die Spendengelder am direktesten den Betroffenen zugutekommen.
Unverständlich ist der Entscheid der Schliessung auch für Renate F. (Name der Red. bekannt). Sie hatte 2014 eine Chemotherapie, und zwar fünfmal an jeweils zwei Tagen im Abstand von vier Wochen. Das waren 20 Fahrten von Hinwil nach Richterswil und zurück. Während der Chemotherapie war ihr Immunsystem so reduziert, dass es unverantwortlich gewesen wäre, hätte sie sich in grösseren Menschengruppen im ÖV aufgehalten.
Früher oder später wird F. wieder Chemotherapie benötigen. «Wie ich dann von meinem Wohnort zum Paracelsus-Spital gelange, ist mir ein Rätsel», sagt sie. Sie hofft genau wie Brigitta H., dass die Krebsliga ihren Entscheid, den Fahrdienst aufzuheben, rückgängig macht.
Rückläufige Fahrten
Rolf Huck, Geschäftsführer der Krebsliga Zürich, kann die Empörung von Brigitta H. nachvollziehen. Er bestätigt gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet, dass der Fahrdienst auf Ende Jahr eingestellt wird. Betroffen sind 470 Personen, die den Dienst regelmässig nutzen. Ein Grund seien die rückläufigen Zahlen bei den Fahrten. Waren es 2014 noch knapp 12'000 Fahrten pro Jahr, so waren es 2016 noch rund 9500. Tendenz sinkend. Huck: «Die Zahlen nehmen weiter ab, gleichzeitig steigt unser Aufwand, um den Betrieb des Fahrdienstes sicherzustellen», sagt Huck. «Wir standen leider vor der Wahl, weiter viel Geld für einen Dienst auszugeben, der einer vergleichsweise kleinen Gruppe zugutekommt, oder diese Gelder künftig zu nutzen, um vielen Betroffenen ein möglichst breites Angebot (zum Beispiel Unterstützung beim Arbeitsplatzerhalt) anbieten zu können. Wir haben uns für Letzteres entschieden, was bedeutet, dass wir die Dienstleistung schweren Herzens auf Ende Jahr streichen.»
Wie erklärt er sich die abnehmende Zahl der Fahrten? «Wir haben den Eindruck, dass viele Patienten ihre Transporte zunehmend privat organisieren.» Der Fahrdienst wurde bei der Krebsliga Zürich Anfang 2009 eingeführt. Sieben Fahrzeuge sind täglich auf den Strassen unterwegs. Huck: «Der Dienst wird zu über 80 Prozent aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanziert. Für den Betrieb mussten wir all die Jahre auf zweckungebundene Spenden zurückgreifen.»
Seit 2010 seien diese Spenden allerdings um 42 Prozent eingebrochen. «Das heisst für uns, dass wir genauer hinsehen, welche Angebote wir mit diesen Spenden finanzieren können. Mit dem Entscheid, den Fahrdienst einzustellen, haben wir uns dafür entschieden, Angebote für Betroffene und Angehörige sicherzustellen, die einem grossen Bedürfnis entsprechen.»
Fonds für Härtefälle eingerichtet
Die Krebsliga Zürich hat auf Anfang 2018 einen Fonds für Härtefälle eingerichtet. Huck: «Wir lassen niemanden im Stich. Eine Krebsbehandlung ist mit vielen Terminen verbunden. Wer für die sich wiederholenden Fahrten zum Arzt oder ins Spital die öffentlichen Verkehrsmittel oder andere Angebote nicht nutzen kann, den unterstützen wir nach Möglichkeit aus dem Fonds.» Dies sei dank Spenden von Stiftungen möglich, die man für den Fonds gewinnen konnte.
Was geschieht mit dem Fahrpersonal? Derzeit sind noch vier Fahrer und Fahrerinnen beim Fahrdienst angestellt. Zwei Fahrer gehen gemäss Huck frühzeitig in Pension, teils mit Überbrückungslösungen. Zwei weiteren Mitarbeitenden sei ordnungsgemäss gekündigt worden. «Sie sind auf Stellensuche und werden von uns dabei unterstützt.»
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