Kindheit ist selten schön
Der Kinderbuchautor Janosch wird morgen 80 Jahre alt. Seine Geschichten handeln von Wärme, Solidarität und Freundschaft – Dinge, die er in seiner eigenen Kindheit selten erfuhr.
In Janoschs bekanntestem Kinderbuch begeben sich ein Bär und ein Tiger auf die Reise nach Panama. Begleitet von einer kleinen, gelbschwarz gestreiften Holzente mit Rädern machen sie sich auf die Suche nach dem Land, wo die Bananen herkommen und alles besser, grösser und schöner als zu Hause sein soll.
Auf ihrer Reise fragen sie die verschiedensten Tiere nach dem Weg, erhalten jedoch nichts als falsche Richtungsangaben und landen schliesslich wieder in ihrem alten Zuhause – glücklich und zufrieden, weil das in der Zwischenzeit von Bäumen und Sträuchern überwucherte Haus sich tatsächlich wie das Ziel ihrer Träume anfühlt.
Zwischen Misere und Paradies
«Oh, wie schön ist Panama» vermittelt eine einfache Botschaft: Jeder lebte schon immer im Paradies, hat es nur nicht gewusst. Die Biografie des Autors lässt erahnen, was es braucht, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.
Janosch wurde 1931 als Horst Eckert in Zaborze in Oberschlesien geboren. Die ersten drei Jahre wuchs er bei den Grosseltern in einer Bergarbeitersiedlung auf. Sein Vater war ein ungelernter Hüttenarbeiter und Kleinhändler, trank viel und prügelte ihn, auch von seiner Mutter gab es Schläge.
An seine Schulzeit, an seine gesamte Kindheit überhaupt mag Janosch überhaupt nicht gerne erinnert werden. Mit 13 Jahren begann er eine Schmiede- und Schlosserlehre, später lernte er an einer Textilfachschule in Krefeld und arbeitete in der Textilbranche.
Nach einem Aufenthalt in Paris zog er 1953 nach München, wo er an der Akademie der Bildenden Künste studierte, aber sein Kunststudium wegen «mangelnder Begabung» nach einigen Probesemestern abbrechen musste. Eher zufällig wurde er zu seinem ersten Kinderbuch ermuntert, dem von ihm illustrierten und getexteten Band «Die Geschichte vom Pferd Valek».
Im Rausch zum Künstlernamen
Das Buch kam bei seinem Verleger Georg Lentz gut an, und Janoschs Erfolgsstory nahm mit weiteren Büchern wie «Onkel Poppoff kann auf Bäume fliegen» ihren Lauf. Aus einer Begegnung mit Lentz entstand auch Janoschs Künstlername, «in seligem Halbrausch», wie der Autor später erzählte.
«Oh, wie schön ist Panama» erschien 1979 und entwickelte sich zum Verkaufsschlager. Die Geschichten von Tiger und Bär wurden in den folgenden Jahren in zahlreichen Bändern weitergesponnen und sind dadurch zum allgemeinen Kulturgut avanciert. Janoschs Figuren wurden jedoch auch erfolgreich vermarktet – allen voran die «Tigerente», die es als Merchandising-Artikel auf Schulranzen, Tassen, Babybetten oder Trinkflaschen gibt. Ihr Name stand auch Pate für die Kindersendung «Tigerentenclub», die vom ARD-Sender SWR produziert und im Ersten und auf dem Kinderkanal Kika ausgestrahlt wird.
Dabei hat Janosch nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene geschrieben. Sein erster, 1970 veröffentlichter Roman «Cholonek oder Der liebe Gott aus Lehm» ist zugleich sein bekanntester. Er erzählt von saufenden Vätern, prügelnden Müttern und über den Wunsch der Leute, mehr zu besitzen als die Nachbarn oder zumindest den Eindruck von Besitz zu erwecken.
Weg nach Panama
Trotz dem Erfolg seiner Kinderbücher behielt Janosch ein zwiespältiges Verhältnis zur Welt. 1980 verbrannte er seinen gesamten Besitz, verkaufte seine Anteile an der Vermarktungsfirma Janosch AG und wanderte aus – nicht nach Panama, sondern auf die Kanareninsel Teneriffa. Dort lebt und arbeitet er seither, ohne Telefonanschluss, zu Interviews nur ungern bereit.
«Nicht mehr geboren werden auf dieser Welt», antwortete Janosch einmal in einem Interview auf die Frage, was sein grösster Wunsch sei – nicht weil er an sich selbst leide, sondern wegen dem, was rundherum geschieht und sich nicht ändern lässt: «Eben weil der Mensch eine Sau ist.»
Janoschs Kinderbücher spiegeln demgegenüber eine Welt, die eben nicht so aus den Fugen geraten ist wie die wirkliche. Wahrscheinlich gefallen sie uns deshalb so gut.
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