Wenn der Dieter mit dem Roth
Für die experimentelle Erzählung «Roth der Grosse» wird Nils Röller, Professor an der ZHdK, heute mit dem Schillerpreis der Zürcher Kantonalbank ausgezeichnet.
Es beginnt normal: «Roth rechnet. Er verlässt den Bahnhof, nimmt jedoch kein Taxi.» So kann eine Erzählung durchaus anfangen, nüchtern. Bald schon versetzt einen ihr Urheber, Nils Röller, in den Kopf des Künstlers Dieter Roth: Man dichtet mit ihm; er stapft Gedichte in den Sand einer Baustelle; die Wörter purzeln. Die Welt des Dieter Roth (1930–1998) öffnet sich. Es ist eine chaotische Welt, aber Roth erweist sich – und da ist der Autor dem komplexen Künstler sehr nahe – bald als systematischer Chaot oder als anarchischer Ordnungssystematiker, als dekonstruktiver Konstruktivist, als scheisskonkreter Materialist.
Ein Mittel ist für Roth die Sprache. Darin will er gross sein, darin schafft er ein ausuferndes Werk, das sicher mehr Bände enthalten soll als die gesammelten Werke von Lenin. Bereits 1973 ist ein Band mit Schriften erschienen: «Dieter Roth: Frühe Schriften und typische Scheisse. Ausgewählt und mit einem Haufen Teilverdautes von Oswald Wiener». Da ist er also, «der Wiener», der im Verlauf der Erzählung eine immer grössere Rolle spielen wird.