TV-Kritik: Skrupellose Tierliebe
Der «Tatort» aus München schickte verdeckte Ermittler unter eine angebliche Tierschutzgruppe. Dennoch war «Ein neues Leben» mehr Psychodrama als Krimi.
Nach den Öko-Aktivisten in Stuttgart von voriger Woche wartete der Münchner «Tatort» mit einer Drückerkolonne auf, die an Haustüren für gefährdete Babyrobben in Kanada Spenden sammelte. Dass hinter der Organisation «Tierrettung direkt» alles andere als Tierliebe stand, wurde aber schnell klar. Die psychopathische Isabella und ihre Liebhaberin Sandra nutzten die gewonnenen Daten vielmehr für Kreditkartenbetrug.
Dafür liessen sie Leute in Notlagen für sich arbeiten und versprachen «hohe Verdienstmöglichkeiten». Die Mitarbeiter wohnten ohne Kontakt zur Aussenwelt in einer Villa – und wer nicht mitzog, bezahlte das schnell mit dem Leben. Die verkohlte Leiche, die im Wald gefunden wurde, war offenbar bei der Organisation dabei. Kurz entschlossen bewarb sich Kommissar Ivo Batic als Mitarbeiter, um verdeckt ermitteln zu können, und kam prompt rein.
Freundin oder Geliebter?
Während Batic also in die Villa zog, wo alle Mitarbeiter von «Tierrettung direkt» in einer sektenähnlichen Atmosphäre wohnten, musste sich sein Kollege Franz Leitmayr mit einem neuen Mitarbeiter, Polizeianwärter Gabriel Fechner, rumschlagen, und vor dem Chef den nicht bewilligten verdeckten Einsatz von Batic verheimlichen. Der kam zwar nicht gleich dem Mörder auf die Spur, stiess aber auf immer mehr Ungereimtheiten, und schaffte es sogar, seinem Kollegen diese mitzuteilen.
Doch waren die Kommissare nicht die einzigen, die es auf die Spendensammler abgesehen hatten: Ein ehemaliges Mitglied der Gruppe, der kriminelle Arman, hatte eine Affäre mit Sandra, und wollte darum Isabella aus dem Weg räumen. Vor die Wahl gestellt, entschied sich Sandra aber für Isabella und räumte mit ihr Arman aus dem Weg.
Im dramatischen Showdown hatte sie jedoch einen plötzlichen Sinneswandel, während Batic und Rupert Hoferer – ein weiteres Mitglied der Drückerkolonne und Mörder der ersten Leiche, wie sich kurz zuvor herausstellte – ihr eigenes Grab schaufelten. Statt der verräterischen Mitarbeiter brachte Sandra lieber ihre Geliebte um und rettete so Batic das Leben. Er und Kollege Leitmayr wirkten nach diesem Einsatz richtig geschafft, und im Büro wartete schon der Chef auf eine Erklärung für die nicht genehmigte verdeckte Ermittlung.
Aufklärung en passant
Der 62. Einsatz des Münchner «Tatort»-Teams, das oft wie ein altes Ehepaar wirkte (und sich mit den grauen Locken auch immer ähnlicher sieht), war knifflig in verschiedener Hinsicht: Interner Druck von unten (neuer Mitarbeiter, der nicht richtig mitzieht) und oben (Chef, der Druck macht), eine gefährliche verdeckte Ermittlung, am Schluss die gewohnte Lebensgefahr für einen Kommissar.
Die Suche nach dem Mörder geriet schnell ausser Acht – er wurde am Schluss auch eher en passant entdeckt. Im Mittelpunkt stand, wie das lesbische «Bonnie & Clyde»-Pärchen Isabella und Sandra Menschen ausnutzte und in sektenähnlichen Verhältnissen gefangen hielt. So war «Ein neues Leben» eher als Psychodrama denn als Wer-wars-Krimi interessant.
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Erstellt: 29.10.2012, 07:54 Uhr
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