Der Kuss, der zu beweisen war
Willkommen im unwahrscheinlichen Liebestaumel: Mit «Mommy» läuft dieses Jahr schon der zweite Film des Regisseurs Xavier Dolan. Sein Kino ist eine utopische Gefühlsschleuder für eine verhärtete Zeit.

Jetzt, da er keine Grenzen mehr hat, muss er sich selbst welche setzen. Seinen Spielfilm «Mommy» hat er im ungewohnten 1:1-Format gedreht. Links und rechts, da ist es schwarz, und dazwischen klemmt der Film, schmal wie ein Passfoto. Wer hat an der Leinwand gedreht? Xavier Dolan wars, er kann machen, was er will, seit er zum Festivalstar avanciert ist mit fünf stilisierten Filmen über die Unmöglichkeit der Liebe. Den ersten, «J'ai tué ma mère», hatte er vor fünf Jahren fertig. Dieses Jahr, mit 25, brachte er «Mommy» ans Festival in Cannes und teilte sich am Schluss mit Jean-Luc Godard den Jurypreis. Da ist einer angekommen, wo andere erst anfangen, und manche sagen, Dolan sei nun immerhin alt genug, um sich bei der Jugend anzubiedern.