Paul Potts: Kuschel-Klassik fürs Hallenstadion
Potts Aufstieg als Tenor aus dem Volk war fulminant. Doch an seinem letzten Konzert in Deutschland überzeugte er nicht. Nun tritt er in der Schweiz auf.

Paul Potts lebt den Tellerwäscher-Traum oder besser gesagt, den Handy-Verkäufer-Traum. Nach mehr oder weniger jahrelanger Erfolglosigkeit als Sänger, arbeitete er in der Filiale eines Handy-Anbieters. Sein mittlerweile legendärer Auftritt in der Casting-Show «Britain's got talent» katapultierte ihn unversehens in den Sänger-Olymp. Damals wurde der dickliche Mann im Billig-Anzug von der Jury belächelt, als er ankündigte «Nessun dorma» aus der Puccini Oper «Turandot» zu singen.
Als er den Mund mit den damals noch schiefen Zähnen öffnete, überraschte er sie alle: Die Jury, das Publikum im Saal und vor den Bildschirmen. Nicht, weil er ein Ausnahme-Tenor ist. Man kann sagen, dass er ein mittelmässiger ist. Doch die Leute erwarteten ein «leider Nein» und kriegten ein «Oh, doch ganz gut» zu hören. Und die kollektive Begeisterung nahm ihren Lauf.
Lebenslauf absichtlich berührend gestaltet
Dass die Verzückung über den pummeligen Briten bereits ein beinahe epidemisches Ausmass erreicht hat, dafür sorgen die Produzenten hinter Potts. Die rührende Geschichte vom geplagten, kleinen Mann, der bereits einmal an Krebs erkrankt war und jetzt Millionen Menschen mit seinem Gesang begeistert, ging um die Welt. Seine Vita wurde dafür geschönt, so wurde zum Beispiel bewusst verschwiegen, dass er einen Doktor-Titel in Philosophie besitzt und dass er 1999 einen Gesangswettbewerb gewonnen und sich damit eine jahrelange Profi-Stimmbildung gegönnt hat.
Der Konzert-Veranstalter Good-News bringt Potts nun am 12. November ins Hallenstadion Zürich. Mediensprecher Stefan Rupp erklärt, warum er zuversichtlich ist, dass der Künstler, den bis vor einem Jahr noch niemand kannte, die Halle füllen wird: «Es ist oft ein Bauchgefühl, doch bei Potts ist sicher, dass die Leute ihn hören wollen, die Verkaufszahlen seiner Musik sprechen für sich.» Wie viele Tickets genau verkauft wurden, gibt Rupp nicht bekannt. Nur soviel: Die Halle ist noch nicht ausverkauft, doch ein paar Tausend Tickets seien bereits weg.
«Nicht der grösste Tenor der Welt»
Der aufgehende Stern des Paul Potts scheint jedoch schon bald wieder unterzugehen, bevor er richtig strahlen konnte. Diesen Eindruck erhält, wer die Kritiken zum ersten Konzert seiner Deutschland-Tournee in Hamburg liest. Das Hamburger Abendblatt bezeichnete sein Konzert als «sentimentale Kuschelklassik». «Das verpuffte Sternchen» titelte «Spiegel Online» und wurde dann deutlich: «Die Akustik ist lausig, das Programm mit Nummern wie ‹O Sole Mio›, ‹Time to say Goodbye› und dem unvermeidlichen ‹Nessun dorma› so etwas wie der allerkleinste gemeinsame Klassik-Nenner.» Und weiter: «Keine grossen Oper für den kleinen Mann. Nur ein paar mittelmässige Gesangseinlagen, die in der riesigen Halle verpuffen.»
Stefan Rupp von Good News weiss, dass die Akustik im Hallenstadion oftmals ein Problem ist: «Es ist keine Konzerthalle wie in Sydney, das ist klar.» Und der Anspruch bei Klassik-Stars sei halt immer höher als im Pop- oder Rockbereich. «Wir versuchen innerhalb unserer Möglichkeiten das Beste herauszuholen.»
Auf Potts angesprochen, stimmt Rupp mit der harschen Kritik nicht vollends überein: «Es hat nie jemand behauptet, der Mann sei der grösste Tenor der Welt. Wichtig ist doch, dass seine Musik die Menschen begeistert.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch