Ein fantastischer Luftsprung
Im Opernhaus ging mit «Der Sandmann» von Christian Spuck die letzte grosse Ballettpremiere dieser Saison über die Bühne. Es war ein grosser Tanz mit dem Unheimlichen.

Dieser junge Mann ist anders als die anderen, das sieht man auf den ersten Blick. Verträumt und etwas verloren schaut er hinter runden Brillengläsern hervor. Wenn seine Kommilitonen tanzen, verdrückt er sich mit leicht hochgezogenen Schultern im Hintergrund. Nathanael heisst er, es ist der Protagonist aus dem unheimlichen, 1816 erstmals veröffentlichten Nachtstück «Der Sandmann» von E. T. A. Hoffmann. Christian Spuck hat die Geschichte erstmals vor zehn Jahren unter dem gleichnamigen Titel in Stuttgart als Ballett auf die Bühne gebracht und jetzt für das Ballett Zürich neu einstudiert. In der Hauptrolle tanzt Matthew Knight einen tief verunsicherten, unter seinen Kindheitstraumata leidenden Jüngling. Dieser Tänzer kann sich in alle Gefühlslagen glaubhaft eintunen. Einmal versucht er mitten in einem Pas de deux seinen Kopf auf den Bauch seiner Clara zu legen, liebesbedürftig wie ein Hund; etwas später rast er in blindem Liebeswahn und verfällt schliesslich in Aggression und Suizidgedanken. Knight bewältigt diesen Parforceritt glänzend.