Poetische Bügelfalten-Akrobatik
Business not as usual am Zürcher Theaterspektakel: Der bewegliche Plan B der Cie 111 aus Frankreich ist unbedingt A-klassig.
Von solchen Managern kann die Wirtschaft erst träumen. Flexibel bis ins Halsbrecherische, elegant, schwebend, lautlos. Nie verrutscht der graue Einheitsanzug der vier Geschäftsherren, die sich während siebzig Minuten immer neu und verblüffend verrenken, stets sitzen die Krawatten, die Hemden bleiben blütenweiss. Bügelfalten-Akrobatik. Fabelhaft.
Bäuchlings, rücklings, embryonal gekrümmt oder leichenstarr ausgestreckt rutscht das Herren-Quartett über eine unerwartet und wechselnd beleuchtete Schräge. Bald geht es rasant, dann wieder in Zeitlupe, erst einzeln, dann parallel. Die Körper bilden Muster auf der Rutschfläche, scheinbar zufällig oder auch geometrisch ausgeklügelt, einmal demonstrativ schwerfällig, dann wieder unglaublich schwerelos.
Der andere Zirkus
Seit seinen Anfängen sucht das Theater Spektakel immer neu nach dem anderen Zirkus. Fündig wurde es meist in Frankreich. Vom Grand Cirque Magique, mit dem der inzwischen weltbekannte Jérôme Savary 1980 auf der Landiwiese begeisterte, führt ein zwar nicht gerader, aber logischer Weg zur Cie 111, die für ihren «Plan B» den New Yorker Regisseur Phil Soltanoff beigezogen hat. Artistische Professionalität verbindet sich da mit modernster Technik, Alltag verfremdet sich durch Fantasie.
Weit weg vom Sägemehl der Manege ist man in der Werft. Techno-Sound begleitet und steuert die Männer in Mausgrau, es piepst elektronisch und ein Stimme verlangt «check, check, check». Die Akrobaten mit dem Aktenkoffer formieren Machtpyramiden, quetschen sich übereinander in den Türrahmen, verdoppeln sich und verschwinden in ungeahnten Luken, um anderswo plötzlich wieder aufzutauchen.
Witzig und atemberaubend
Wie Zirkusnummern reihen sich die witzigen und gelegentlich atemberaubenden Auftritte. Jeder der Cie hat sein viel beklatschtes Solo. Und doch zerfällt die Aufführung nicht. Nicht bloss der Businesslook hält sie zusammen. Wichtiger ist der Traum, der die Manager bei aller Konkurrenz verbindet. Der Traum ist ein kleiner weisser Gummiball, der sich wundersam vermehrt. Jonglieren lässt sich mit den Bällen, man kann sie klauen, durchs Fenster können sie hüpfen und sogar hörbar den Rhythmus markieren. In den Verdrängungskampf der Geschäftswelt mischt sich verspielt Poesie.
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