AnalyseLaut, kleinlaut, SVP
Mit Getöse hat die SVP einen runden Tisch zur sicheren Stromversorgung angekündigt. Doch nun schweigt sie – sie hat sich offensichtlich verspekuliert.

Die wählerstärkste Partei der Schweiz ist verstummt. Noch im Februar hatte die SVP einen runden Tisch zur sicheren Stromversorgung angekündigt. Die Energiestrategie des Bundes sei gescheitert, Energieministerin Simonetta Sommaruga ohne Plan, kritisierte die Partei. Es brauche eine «schonungslose Lageanalyse», sofort, ohne das links-grüne Lager notabene.
Der runde Tisch war also von Beginn an nicht rund, und es lief auch nicht rund. Zumindest deutet einiges darauf hin. Denn: Was aus ihm geworden ist – dazu schweigt sich die SVP-Parteizentrale in Bern aus. Über Umwege erfährt man zwar, in der ersten Märzhälfte habe ein Treffen stattgefunden, über den Inhalt der Gespräche sei aber Stillschweigen vereinbart worden, auch darüber, wer mit dabei gewesen sei.
Die Geheimniskrämerei irritiert. Sie kontrastiert mit dem Getöse, mit dem die Partei den runden Tisch lanciert hat. Tatsache ist: Die Gastgeberin hatte im Februar aus dem Kreis der geladenen Gäste Absage um Absage kassiert. FDP-Chef Thierry Burkart, Mitte-Präsident Gerhard Pfister, die beiden Bundesrätinnen Simonetta Sommaruga und Viola Amherd und selbst SVP-Magistrat Guy Parmelin – alle winkten sie ab.
Die Begründungen variierten zwar inhaltlich, einen gemeinsamen Nenner hatten sie aber: Es gebe bereits genügend andere Formate für einen solchen Austausch. Am Ende zeigten sich bloss wenige Verbände offen für Gespräche, etwa Economiesuisse. Bereits damals hatte sich die SVP kommunikativ eingeigelt, Fragen zum weiteren Vorgehen liess die Parteizentrale unbeantwortet.
Nach allem, was bisher bekannt ist, lautet die «schonungslose Lageanalyse» damit so: Die SVP hat sich verspekuliert. Wie keine andere politische Kraft in der Schweiz hat die Partei früh schon vor Risiken für die Stromversorgung gewarnt, die der Ausstieg aus der Kernenergie und die Elektrifizierung von Verkehr und Gebäuden mit sich bringen. Nachdem das Thema auf der politischen Agenda zuletzt weit nach oben gerückt war, wähnte sie das Momentum auf ihrer Seite. Der runde Tisch war der Versuch, die Energiestrategie des Bundes weiter zu torpedieren und Energieministerin Sommaruga politisch zu destabilisieren.
Doch der Versuch wurde offenkundig zum Flop, die Kommunikation zum Desaster. Die Partei hätte vor der öffentlichen Ankündigung des runden Tisches zumindest die Präsidenten von FDP und der Mitte für eine Teilnahme gewinnen müssen; im Parlament ist sie auf die Mithilfe von Burkarts und Pfisters Parteien angewiesen, will sie ihre Pläne für eine neue Energiepolitik durchsetzen. Dass sie versäumt hat, sich vorgängig abzusichern, zeugt von mangelndem strategischem Geschick – ein Zeichen, das der Parteispitze um Marco Chiesa zu denken geben sollte.
Stefan Häne ist Redaktor im Ressort Inland. Er schreibt und recherchiert zum aktuellen Politgeschehen in der Schweiz.
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