Die Verbindung zur Wirklichkeit
In der Schweiz leben fast gleich viele Haustiere wie Menschen. Dafür gibt es einen Grund.

Schweizer lieben Tiere: auf dem Teller und auf dem Schoss. Jede(r) von ihnen isst durchschnittlich 51 Kilo Fleisch im Jahr. Gleichzeitig leben in jedem dritten Schweizer Haushalt Tiere, wie die «NZZ am Sonntag» meldete. Zählt man alle Katzen, Hunde, Schlangen, Vögel, Hamster und Fische zusammen, kommt man auf etwa acht Millionen Haustiere. Das sind fast gleich viele, wie es Menschen gibt. Die Schweiz ist auch ein Zoo.
Die Liebe zu Haustieren kann in westlichen Gesellschaften ziemlich weit gehen. 2014 erschossen Polizisten in den USA am gleichen Tag einen Hund und eine schwangere Alkoholikerin – beide Male völlig ungerechtfertigt. Der tote Hund löste breite Proteste aus. Die tote Mutter dagegen schaffte es nicht in die nationalen Schlagzeilen. Psychologische Experimente haben ergeben, dass viele Menschen in Notfällen lieber einen jungen Hund retten würden als einen ihnen unbekannten Menschen.
Anker im Urwüchsigen
Diese Bevorzugung entspricht einem gewissen Egoismus. Haustiere tun ihren Halterinnen gut – körperlich und seelisch. Sie bringen Menschen dazu, nach draussen zu gehen; geben ihnen das Gefühl, gebraucht zu werden; mildern Einsamkeit; helfen, soziale Kontakte zu knüpfen.
Damit passen sie bestens zur digitalen Revolution, die unsere Leben in künstliche Wirklichkeiten verschiebt. Die Kommunikation erledigt man via Handy, virtuell verbunden mit der Welt, körperlich isoliert von ihr. Um den Bezug zur analogen Realität nicht ganz zu verlieren, schafft man sich ein Haustier an. Dieses bildet einen Anker im Urwüchsigen, erinnert an das Tier Homo sapiens, das man selber ist.
Vielleicht sind Haustiere auch einfach die besseren Menschen. Oder wie Heinrich Heine für seinen Mops dichtete: «Du willst auch nur ein Hund sein Und willst nicht scheinen mehr. All meine übrigen Freunde verstellen sich zu sehr.»
Erstellt: 17.05.2017, 22:17 Uhr
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