Leiche einer nackten Frau am Aussichtspunkt
Krimi der Woche: Im kurzen Thriller «Die Amerikanerin» setzt der südafrikanische Bestsellerautor Deon Meyer die Geschichte des Polizisten Bennie Griessel fort.

Der erste Satz
Er war hungrig, durstig, verängstigt und todmüde.
Das Buch
Die gute Nachricht zuerst: Bennie Griessel ist zurück. Nach Deon Meyers Abstecher in den Öko-Science-Fiction-Bereich mit seinem nicht rundum überzeugenden Roman «Fever» ist in «Die Amerikanerin» einmal mehr der etwas melancholische Kaptein von der Polizei in Kapstadt die Hauptfigur.
Die weniger gute Nachricht: «Die Amerikanerin» ist ein kleines, für Meyers Verhältnisse sehr schmales Bändchen. Der südafrikanische Bestsellerautor liefert sonst immer dicke Wälzer. Hier ist das Format kleiner als üblich, die Druckschrift ist grösser, und es hat mehr «Luft» auf den Seiten, und auch so gibt das nur rund 200 Seiten her.
Warum dieses Buch so dünn ist, erklärt der Autor in einer Nachbemerkung. Eine Stiftung in den Niederlanden, die den Absatz von Büchern fördert, gibt jedes Jahr im Rahmen der «Spannende Boekweek» ein Geschenkbuch heraus. Wer während dieser Buchwochen in einer Buchhandlung für mindestens 12.50 Euro einkauft, erhält dieses Buch geschenkt. Dafür wird jedes Jahr ein Autor eingeladen, ein Werk mit rund 26'000 Wörtern zu schreiben. Stars wie Stephen King, James Ellroy und Ian Rankin haben schon mitgemacht. Und 2017 eben Deon Meyer. Da in seiner Geschichte Bennie Griessel «einen grossen Schritt in der Beziehung zu seiner Freundin Alexa Barnard zu gehen bereit ist», sollte sie nicht nur das holländische Publikum lesen können, erklärt Meyer.
Bennie Griessel trat im Roman «Der traurige Polizist» (1996; Deutsch 2005) erstmals auf, da noch in einer Nebenrolle, obwohl der Buchtitel auch auf ihn gemünzt sein könnte. Seither war er die Hauptfigur in fünf der über ein Dutzend Romane Meyers. In «Die Amerikanerin» ermitteln Griessel und seine Kollegen im Fall der Ermordung einer amerikanischen Spezialistin für verschwundene Kunstwerke. Ihre nackte Leiche liegt an einem Aussichtspunkt. Es stellt sich heraus, dass sie in Südafrika einem verschollenen, äusserst wertvollen Werk eines Rembrandt-Schülers auf der Spur war.
Das Büchlein bietet nicht wie sonst bei Meyer üblich einen virtuos komponierten Plot mit verschiedenen Handlungssträngen, die mit der Zeit raffiniert verknüpft werden. Aber die Geschichte ist durchaus spannend und unterhaltsam. Für die Leser der Griessel-Romane verkürzt der kurze Krimi das Warten auf den nächsten richtigen Roman. Und hält sie auf dem Laufenden über Griessels Leben, der wieder einmal zu trinken aufgehört hat. Und dann gibt es auch die Entwicklung in seiner Beziehung. Man darf also davon ausgehen, dass der nächste Meyer sich wieder um den Polizisten drehen wird, der vielleicht nicht mehr immer so traurig sein wird.
Die Wertung
Der Autor
Deon Meyer, geboren 1958 in Paarl in der südafrikanischen Kap-Provinz, studierte Englisch und Geschichte an der damaligen Potchefstroom University for Christian Higher Education und war zunächst als Journalist, dann in Werbung und Marketing tätig. Seinen ersten Roman veröffentlichte er 1994 in seiner Muttersprache Afrikaans; anders als viele südafrikanische Autoren, die englisch schreiben, schrieb er alle seine inzwischen mehr als ein Dutzend Romane auf Afrikaans. Die meisten seiner Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt, und manche davon wurden Bestseller. Meyer ist der international bekannteste südafrikanische Krimiautor. Er lebt mit seiner Familie in Stellenbosch in der bedeutendsten Weinbauregion Südafrikas unweit von Kapstadt.

Deon Meyer: «Die Amerikanerin» (Original: «De vrouw in de blauwe mantel», CPNB Collectieve Propaganda van het Nederlandse Boek, Amsterdam 2017). Aus dem Afrikaans von Stefanie Schäfer. Rütten & Loening, Berlin 2018. 209 S., ca. 17 Fr.
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