Nach dem Fall Sarah EverardLeichenfotos, Vergewaltigung, Mord: Britische Polizei unter Druck
In Grossbritannien stehen erneut zwei Polizisten vor Gericht. Der Vorwurf: Sie haben Fotos von Leichen in Chatgruppen geteilt. Es ist nur die Spitze des Eisbergs.

Vergewaltiger und Mörder statt Freund und Helfer? Das Vertrauen in die britische Polizei ist auf einem Tiefpunkt, und bisher ist ein Ende der Krise nicht abzusehen. Im Mittelpunkt steht die grösste Polizeikraft des Landes, die Londoner Metropolitan Police. Einst als Scotland Yard mit einem Ruf wie Donnerhall, deren Beamte als Helden gelten und in der Literatur besungen werden, hat das Image dramatisch gelitten. Es sind gleich mehrere Fälle, die das gesamte Land erschüttert haben, und in allen geht es um weibliche Opfer.
Auslöser ist vor allem der Mord an Sarah Everard. Im März verschwindet die 33-Jährige in Südlondon spurlos, eine Woche später wird ihre Leiche entdeckt. Der Täter: Ein Polizist der Met. Er hatte die junge Frau unter Vorspielung einer Kontrolle verschleppt, vergewaltigt und ermordet. In derselben Einheit diente ein Mann, gegen den derzeit ein Verfahren läuft – er soll mehrere Frauen sexuell missbraucht haben.

Doch die Bobby-Krise geht weit über London hinaus. «Das schmälert das Vertrauen der Öffentlichkeit», zitierte die Zeitung «Guardian» unlängst eine Regierungsquelle. «Die Met strahlt ins ganze Land.» Ein ranghoher Polizeibeamter sagte dem Blatt: «Das Vertrauen sinkt seit 18 Monaten.» Umfragen füttern diese Einschätzung. Anfang Oktober ermittelte das Meinungsforschungsinstitut Yougov, dass erstmals seit Beginn der Erhebung im Juni 2019 mehr Briten kein Vertrauen als Vertrauen in die Polizei hatten. Auslöser ist aber auch hier die Met: Nur ein Drittel der Befragten vertraute der Hauptstadtpolizei.
Hinzu kommt, dass die Aufklärungsraten bei Vergewaltigungen extrem niedrig sind, die Zahl der Messerattacken auf einem Rekordstand. Doch bisher geniesst Dick parteiübergreifende Rückendeckung. Sowohl der Labour-Bürgermeister von London, Sadiq Khan, als auch die konservative Innenministerin Priti Patel, stellten sich nach scharfer Kritik hinter Dick. Ihr Vertrag wurde erst in diesem Jahr verlängert.
SDA/aru
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