«Let's trololo»: Unglaubliches Comeback für Sowjetstar
Ein 34 Jahre altes Video verhilft Ex-Sowjetsänger Eduard Chil zu neuem Ruhm. Die Internet-Gemeinde feiert den 75- Jährigen als «Trololo-Mann». Millionenfach wurde Chils Lied ohne Namen angeklickt.

Hunderte feierten den 75 Jahre alten Bariton am Samstag im Moskauer Nachtclub «16 Tonnen» mit minutenlangem Beifall. «Vielen Dank», rief der Russe und stimmte das Lied an, das ihn in den vergangenen Monaten dank des Internets wieder berühmt gemacht hat.
Chil war nach dem Ende der Sowjetunion 1991 als Sänger fast in Vergessenheit geraten - nun lässt der Erfolg des Songs, den die Internet-Gemeinde «Trololo» getauft hat, den Bariton sogar über eine Welttournee nachdenken. «Auf Wiedersehen in Amerika», verabschiedete sich Chil übermütig nach dem 90-minütigen Auftritt.
«Eine merkwürdige Zeit»
Im Oktober 2009 hatte ein Musikfan ein Video von Chil im Internet veröffentlicht. «Es stammt von 1976 aus dem schwedischen Fernsehen», erinnerte sich der Sänger. In dem dreiminütigen Film schlendert Chil in einem braunen Anzug an einer gusseisernen Dekoration vorbei und singt ein Lied ohne zusammenhängende Worte.
Zwar wurde der Song damals mit Text komponiert, doch die Zeilen über die «Sehnsucht eines Cowboys» wurden gestrichen: «Zu amerikanisch», befanden sowjetische Zensoren. Chil trällert daher nur «Trololo» und «Jajaja», und die ganze Welt trällert heute mit.
«Es ist ein wenig, als ob meine Jugend zurückkehren würde», meinte der 1934 in der westrussischen Stadt Smolensk geborene Chil: «Schade, dass der Komponist Arkadi Ostrowski schon 1967 gestorben ist und diesen Triumph nicht mehr erleben kann.»
Allerdings sieht der renommierte Bariton den Erfolg mit gemischten Gefühlen: «Früher mussten wir Gesangsunterricht nehmen und Proben überstehen. Heute stellt man bloss irgendein Video ins Internet und ist berühmt. Es ist eine merkwürdige Zeit.»
«Internet-Version»
In der UdSSR war Chil ein gefragter Sänger, doch heute ist er im Fernsehen kaum zu sehen. «Ich bestehe darauf, live zu singen, das wollen viele Sender nicht.» Aber eine gut organisierte Tournee (»Von mir aus durch die ganze Welt») würde er mit seiner Frau Zoja, mit der er seit 52 Jahren verheiratet ist, mitmachen.
Bis dahin bessere er weiter in St. Petersburg seine staatliche Rente von umgerechnet 390 Franken mit Gesangsunterricht auf, sagte Chil vor dem Moskauer Konzert. In dem 1996 eröffneten Club präsentierte der Sänger für einen Eintrittspreis von 1000 Rubel (rund 27 Franken) einen Querschnitt seines Schaffens.
Mit Stimmkraft und Ausdauer meisterte er auch Balladen sowjetischer Liedermacher und präsentierte Rocksongs, die er in den 90er Jahren mit seinem Sohn Dmitri aufgenommen hatte.
Im Mittelpunkt stand natürlich «Trololo». Auch wenn der Originaltext heute erlaubt ist: Chil stimmte die «Internet-Version» an, und das Publikum sang «textsicher» mit.
Karrieresprung mit 75
«Super Konzert», sagte der 21-jährige Juri nach dem Auftritt, und seine Freundin Swetlana schwärmte: «Mit ihm würde Russland glatt den Eurovision Song Contest gewinnen.»
Doch im Mai, wenn der Sängerwettbewerb in Oslo stattfindet, steht Chil vor der Kamera: Aufgrund des «Trololo»-Videos gab ihm Regisseur David Cronenberg eine Rolle im Film «A Dangerous Method».
Zudem plant Chil eine neue Version des berühmten Songs, diesmal mit Text. «Ich rufe alle Fans auf, mir eine Zeile zu schicken, daraus basteln wir ein neues Lied», sagte er. Einen Titel habe er schon, betonte der Sänger mit dem Seitenscheitel: «Let's trololo.»
sda/Wolfgang Jung/ dpa/bru
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