Letztes Sika-Duell vor dem Richterspruch
Die Erbenfamilie gibt sich siegessicher – doch ausgerechnet Saint-Gobain könnte ihr einen Strich durch die Rechnung machen.

Rekordzahlen und eine Generalversammlung, an der gestritten wird: Der Zuger Baustoffkonzern Sika hat gestern einmal mehr das geboten, was seit dreieinhalb Jahren Standard ist. Keine der Parteien im Sika-Streit bewegt sich auch nur einen Zentimeter von ihrer Position, wie die Voten und -Abstimmungsresultate zeigen. «Sika braucht Saint-Gobain nicht», wiederholte Sika-Präsident Paul Hälg zu Beginn sein Credo. «Diese feindliche Übernahme nützt nur den Burkard-Erben und Saint-Gobain.» Urs Burkard, Sprecher der Erbenfamilie, entgegnete ebenfalls in bekannter Manier: «Meine Geschwister und ich sind nach wie vor willens, den Kaufvertrag mit Saint-Gobain zu vollziehen.» Wenn das nicht gelinge – sprich: die Richter im Rechtsstreit gegen sie entscheiden –, «dann werden wir die vollständige Kontrolle über Sika zurückerlangen.»
Diese Aussage könnte sich jedoch als Trugschluss erweisen, denn mittlerweile liegt der Aktienkurs von Sika über dem Preis, den Saint-Gobain mit der Familie vereinbart hat. Für den französischen Konzern ist Sika heute ein Schnäppchen – auch ohne volle Stimmkraft. Der Vertrag zwischen der Erbenfamilie und Saint-Gobain läuft Ende Jahr aus. Paul Hälg rechnet nicht damit, dass bis dahin ein rechtskräftiger Entscheid des Bundesgerichts vorliegt, wie er nach der Generalversammlung (GV) gegenüber den Medien sagte. Er geht davon aus, dass Saint-Gobain noch vor Ende 2018 das Aktienpaket der Familie übernehmen wird. Damit wären die Burkards definitiv weg, und Sika hätte mit Saint-Gobain einen neuen Grossaktionär.
Warten auf das Urteil
Derzeit warten die Parteien aber erstmals auf den zweitinstanzlichen Entscheid des Obergerichts. Beim Rechtsstreit geht es um die Anwendung der Vinkulierung aus den Sika-Statuten. Die Burkards kontrollieren via ihre Schenker-Winkler-Holding (SWH) dank Stimmrechtsaktien mit 16 Prozent des Sika-Kapitals rund 53 Prozent der Stimmen. Im Dezember 2014 hat die Familie die SWH für 2,75 Milliarden Franken an Saint-Gobain verkauft. Doch der Sika-Verwaltungsrat wehrt sich gegen die Transaktion, indem er die Vinkulierung anwendet. Diese gibt dem Gremium das Recht, bei einem Aktienverkauf die Namenaktien auf unter 5 Prozent der GV-Stimmen zu beschränken. So konnte der Verwaltungsrat bis heute seine eigene Abwahl und die Kontrollübernahme durch Saint-Gobain verhindern. Ist die Anwendung der Stimmrechtsbeschränkung legitim? Das Kantonsgericht Zug sagte Ja. Die Familie hat den Entscheid ans Obergericht weitergezogen.
Zur GV kamen 463 Aktionäre in die Baarer Waldmannhalle. Ein Aufmarsch der Politiker wie in früheren Jahren blieb aus. Einzig Hans-Ueli Vogt, SVP-Nationalrat (ZH), sprach als Rechtsberater der SWH und kritisierte das Kantonsgericht. Viereinhalb Stunden dauerte die GV. Die Abwahl einzelner Vertreter und die Zuwahl des SWH-Kandidaten Jacques Bischoff wurden mit der Stimmenbeschränkung verhindert. Die Burkards verweigerten dem VR einmal mehr die Entlastung und strichen ihm die Vergütung. Bei diesen Traktanden konnte sie mit ganzer Stimmkraft abstimmen. Der VR arbeitet nun seit vier Jahren ohne Lohn. «Damit missbraucht die SWH die Aktionärsrechte. Laut Statuten steht dem VR eine Vergütung zu», sagte Paul Hälg. SWH-Anwalt Urs Schenker entgegnete, man habe diesen VR nicht gewählt, also stehe ihm auch kein Lohn zu.

Die Durchführung einer Sonderprüfung zur Rolle von Sika-Verwaltungsrätin Monika Ribar bei der Capoinvest Ltd. lehnte die Versammlung ab. In die Schlagzeilen geriet das Unternehmen von Angola-Investor Jean-Claude Bastos mit den Paradise Papers. Laut Paul Hälg hat sich die Schweizer Börse SIX mit dem Mandat von Monika Ribar bei Capoinvest befasst. «Die Vorabklärungen dazu wurden eingestellt», sagte Hälg.
Gehässige Voten gegen Burkard
Ein Update gab es an der GV zu den Kosten des Abwehrkampfes für Sika. Diese beliefen sich auf 20,9 Millionen Franken. «Ein Grossteil der Ausgaben geht auf die neun Klagen und Verfahren zurück, welche die Erbenfamilie gegen Sika eingeleitet hat», sagte Paul Hälg.
Die Familie Burkard liess nach der GV schriftlich verlauten, dass man die Wahlresultate anfechte. Für Urs Burkard war die Versammlung wiederum ein Spiessrutenlauf. Er musste sich gehässige Voten von Mitarbeitern und Aktionären anhören. Paul Hälg erhielt hingegen Standing Ovations und einen Blumenstrauss von der Belegschaft, «als Dank für die Unterstützung gegen die feindliche Übernahme», wie ein Mitarbeiter erklärte.
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