Lewis Hamilton gewinnt Chaos-GP
Der Weltmeister ist in Baku der grosse Profiteur einer turbulent verlaufenen Schlussphase. Mit dem Sieg übernimmt er die WM-Führung. Leclerc im Sauber überrascht.
Der Formel-1-Zirkus war zurück in Baku. Und mit ihm das Chaos. Der dritte Grand Prix in Aserbaidschans Hauptstadt stand dem Rennen im vergangenen Juni in Sachen Turbulenzen in nichts nach - zumindest, was die Schlussphase betrifft. Während des letzten Teils des Pensums überschlugen sich die Ereignisse erneut.
Bis zu jenen Momenten, in denen zwei Fahrer mit dem Sieg vor Augen zu Verlierern wurden und die Hamilton zum grossen Profiteur werden liessen, war vieles den Erwartungen entsprechend verlaufen. Selbst die erste Neutralisation des Rennens kurz nach dem Start, hervorgerufen durch Kollisionen zwischen Esteban Ocon im Force India und Kimi Räikkönen im Ferrari beziehungsweise zwischen Sergej Sirotkin im Williams, Sergio Perez im Force India und Fernando Alonso im McLaren nahm auf das Geschehen an der Spitze keinerlei Einfluss.
Nach dem Abgang des Safety-Cars zog der aus der Pole-Position gestartete Sebastian Vettel im Ferrari unaufhaltsam weg. Seinen ersten Verfolger Hamilton hatte er schnell um vier Sekunden distanziert. Kein Konkurrent war in der Lage, den Deutschen zu behelligen. Zu souverän spulte er sein Pensum ab, zu überlegen war der Ferrari und Vettel selbst für Hamilton unerreichbar. Die an Valtteri Bottas im anderen Mercedes abgetretene Führung schien nur eine Momentaufnahme, zumal der Finne im Gegensatz zu Vettel seinen Boxenstopp noch nicht absolviert hatte.
Der teaminterne Crash
Doch dann folgte elf Runden vor dem Ende die Szene, die dem Geschehen auf der Rennpiste noch einmal eine völlig andere Richtung gab. Daniel Ricciardo im Red Bull war beim Versuch, seinen Teamkollegen Max Verstappen zu überholen, ins Heck des Autos mit dem Niederländer aufgefahren. Das Duo fand sich in beschädigten Wagen im Abseits wieder. Um die unzähligen Wrackteile von der Strecke zu beseitigen, war der Auftritt des Safety-Cars ein zweites Mal gefordert. Bottas nutzte die günstige Gelegenheit zum Reifenwechseln - und behielt die Führung vor Vettel, der seine Fahrt ein zweites Mal unterbrochen hatte.
Die Freigabe des Rennens verzögerte sich zusätzlich, weil Romain Grosjean das Haas-Auto während der Neutralisation in die Mauer gesetzt und damit für weitere Trümmer gesorgt hatte. So blieben nach dem Rückzug des Führungswagens noch sechs Runden. Vettels Versuch, Bottas zu überholen, endete mit einem missratenen Bremsmanöver. Statt neuerlich in Führung fand sich der Blondschopf auf Platz 4 wieder. Neben Hamilton zogen auch sein Teamkollege Räikkönen und der Mexikaner Sergio Perez im Force India an ihm vorbei.
Crash der beiden Red-Bull-Piloten (Quelle SRF 2)
Reifenschaden statt Sieg
Bottas konnte sich über die Führung nicht lange freuen. Drei Umgänge vor Schluss kam das bittere Aus. Der Finne hatte beim Überfahren eines herumliegenden Trümmerteils den rechten Hinterreifen am Mercedes beschädigt. Damit war der Weg frei für Hamilton. Der Engländer fuhr nach saisonübergreifend sechs Rennen ohne Sieg erstmals wieder als Erster über die Ziellinie. Erster ist Hamilton nunmehr auch in der WM-Gesamtwertung. Er führt das Klassement mit vier Punkten Vorsprung vor dem bisherigen Leader Vettel an.
Uneingeschränkte Freude kam bei Hamilton vorerst keine auf. Seine Gedanken waren bei jenen, deren Pech seinen 63. Grand-Prix-Sieg erst ermöglicht hatten. «Valtteri hätte den Sieg verdient gehabt - und Sebastian eigentlich auch. Es fühlt sich deshalb merkwürdig an, ganz zuoberst auf dem Podium zu stehen.»
Bottas seinerseits war selbstredend niedergeschlagen. «Das schmerzt sehr. Aber das ist Rennsport. Manche Tage sind gut, manche schlecht - und wieder andere ganz schlecht.» Vettel dagegen nahm das Verdikt einigermassen gelassen. «Wir dürfen nicht vergessen, dass heute auch viel Gutes für mich dabei war. Oft ist es halt eine Lotterie.»
Die Gewissheit, über ein Auto zur verfügen, mit dem er im Normalfall auf jeder Strecke um den Sieg mitfahren kann, übertünchte bei Vettel die Enttäuschung. Im Normalfall. Grand Prix von Aserbeidschan ist zum Glück nicht immer.
Baku. Grand Prix von Aserbeidschan. Schlussklassement: 1. Lewis Hamilton (GBR), Mercedes. 2. Kimi Räikkönen (FIN), Ferrari, 2,460 zurück. 3. Sergio Perez (MEX), Force India-Mercedes, 4,024. 4. Sebastian Vettel (GER), Ferrari, 5,329. 5. Carlos Sainz (ESP), Renault, 7,515. 6. Charles Leclerc (MON), Alfa Romeo Sauber-Ferrari, 9,158. 7. Fernando Alonso (ESP), McLaren-Renault, 10,931. 8. Lance Stroll (CAN), Williams-Mercedes, 12,546. 9. Stoffel Vandoorne (BEL), McLaren-Renault, 14,152. 10. Brendon Hartley (NZL), Toro Rosso-Honda, 18,030. 11. Marcus Ericsson (SWE), Alfa Romeo Sauber-Ferrari, 18,512. 12. Pierre Gasly (FRA), Toro Rosso-Honda, 24,720. 13. Kevin Magnussen (DEN), Haas-Ferrari.
WM-Stand (4/21). Fahrer: 1. Hamilton 70. 2. Vettel 66. 3. Räikkönen 48. 4. Bottas 40. 5. Ricciardo 37. 6. Alonso 28. 7. Hülkenberg 22. 8. Verstappen 18. 9. Perez 15. 10. Sainz 13. 11. Gasly 12. 12. Magnussen 11. 13. Leclerc 8. 14. Vandoorne 8. 15. Stroll 4. 16. Ericsson 2. 17. Ocon 1. 18. Hartley 1. - Teams: 1. Ferrari 114. 2. Mercedes 110. 3. Red Bull-Renault 55. 4. McLaren-Renault 36. 5. Renault 35. 6. Force India-Mercedes 16. 7. Toro Rosso-Honda 13. 8. Haas-Ferrari 11. 9. Alfa Romeo Sauber-Ferrari 10. 10. Williams-Mercedes 4.
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