Libysche Rivalen verständigen sich auf Einheitsregierung
Nach jahrelangen Kämpfen hat Libyen zwei Regierungen, zwei Parlamente und de facto zwei Armeen. Eine Einheitsregierung soll dem Chaos jetzt ein Ende setzen.

In Libyen haben rivalisierende Gruppen nach wochenlangen Verhandlungen die Bildung einer Einheitsregierung bekanntgegeben. Der sogenannte Einheitspräsidialrat teilte am Dienstag mit, dass man sich auf ein aus 32 Mitgliedern bestehendes Kabinett geeinigt habe. Diese sollen aus verschiedenen Orten des Landes stammen, wie es in der Stellungnahme heisst, die der Nachrichtenagentur AP vorlag. Dem Rat gehören Vertreter der beiden rivalisierenden Parlamente Libyens sowie Delegierte anderer Gruppen an.
Den Angaben zufolge stimmten sieben der neun Mitglieder des Einheitspräsidialrats für die Einheitsregierung. Die übrigen beiden verliessen die Abstimmung unter Protest. Beobachter gehen davon aus, dass der Präsidialratsvorsitzende Fajis Sarradsch auch Ministerpräsident wird. Verteidigungsminister soll Al-Mahdi al-Barghathi werden, der als Militärkommandeur islamistische Extremisten bekämpft hat. Das Innenministerium soll Al-Aref al-Choga anvertraut werden, der auch in Tripolis Innenminister war und enge Verbindungen zu Islamisten hat. Wer Militärchef wird, ist noch offen.
Zuständigkeiten mehrerer Ministerien geteilt
Die Vereinbarung einer Einheitsregierung ist Teil eines von den Vereinten Nationen vermittelten Prozesses. Damit soll das Chaos eingedämmt werden, in das Libyen nach dem Volksaufstand 2011 gesunken war. Allerdings gibt es bei jeder Konfliktpartei auch Gegner der Vereinbarung. Der UN-Sondergesandte Martin Kobler warnte erst diese Woche, der Streit der Politiker nutze nur der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Saradsch hat die Zuständigkeiten mehrerer Ministerien geteilt, um bei der Postenvergabe möglichst viele Stämme, politische Gruppen und Regionen berücksichtigen zu können. So wird es nicht einen Aussenminister geben, sondern gleich drei. Ein Diplomat soll sich um Beziehungen zu arabischen und afrikanischen Staaten kümmern, einer um internationale Angelegenheiten, und einer weiterer soll das Ministerium offiziell leiten. Wegen dieser Vorgehensweise wurde das Kabinett mehr als dreimal so gross wie ursprünglich geplant.
In Libyen war die staatliche Ordnung nach dem Sturz des langjährigen Diktators Muammar al-Ghadhafi 2011 zerfallen. Es bildeten sich zwei Regierungen und zwei Parlamente – eine Regierung sass in Tripolis, die andere in Tobruk, im Osten des Landes. Beide werden durch eigene Milizen gestützt. Das Machtvakuum nutzten Extremisten, darunter IS-Anhänger. Erst vor gut einer Woche tötete ein IS-Ableger in der Stadt Sliten mindestens 60 Polizisten und verletzte etwa 200 weitere.
Sitz zunächst in Tunesien
Sarradsch muss binnen zehn Tagen die Zustimmung des international anerkannten Parlaments in Tobruk erhalten. Es war allerdings unklar, ob sein Kabinett überhaupt regierungsfähig sein wird, wenn dort ehemalige Kriegsrivalen an einem Tisch sitzen.
Die neue Einheitsregierung soll sich zunächst in Tunesien niederlassen, wo auch der Präsidialrat seinen Sitz hat. Später soll sie nach Tripolis übersiedeln. Dort hatte allerdings ein Politiker gedroht, gewaltsam gegen ein Sicherheitskomitee der Einheitsregierung vorzugehen.
SDA/mlr
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