Lidl de luxe
Dass der Discounter ausgerechnet in die Fraumünsterpost im Herzen Zürichs zieht, löste einen Aufschrei aus. Etwas verfrüht, wie sich jetzt zeigt.
Wie so oft nimmt die Realität der Vorstellung ihre Ecken und Kanten. Zeichnet sie die (Alb-)träume pastellfarben und weich. Wie war der Aufschrei gross, als bekannt wurde, dass Lidl in unmittelbarer Nähe zu See und Bahnhofstrasse seine nächste Filiale eröffnet. Ausgerechnet! Lidl! dieser! knallgelbe! deutsche! Discounter! Die Zürcherin und der Zürcher fühlten sich in ihren Gefühlen verletzt. Da wird niemand einkaufen! Wir jedenfalls keinesfalls!
Und jetzt das. Der gelbe Discountriese, der morgen Donnerstag in der ehemaligen Fraumünsterpost 1000 Quadratmeter Verkaufsfläche eröffnet, hat sich alle Mühe gegeben, nicht aufzufallen. Die Filiale - Nummer 116 in der Schweiz - ist aussen diskret und innen schlicht. Durch die hohen vergitterten Fenster sieht man in einen ebenso hohen Raum, das Logo ist oben auf die Scheibe geklebt. Selbst über den Eingängen, die mit Chromstahl gerahmt sind, ist der Schriftzug nur schwarz und klein und zurückhaltend angebracht.
Quer statt längs
Drinnen dann dominiert Holz. An der Decke, auf dem Boden (Fake-Holz auf Keramikplatten) an den Enden der Regale (Fake-Holz auf Spanplatte). Nicht das, was man vom Discounter erwartete. Sicher, alle Produkte stehen in grossen Mengen in den Regalen. Sicher, sie stehen in den Kartons, in denen sie angeliefert wurden. Sicher, es gibt einige Produkte auf Transportpaletten, Katzenstreu etwa oder Waschmittel. Aber sonst?
Der Prestigelidl ist eben doch kein ganz normaler Lidl, wie die Verantwortlichen gestern auf einem Medienrundgang ausführten. Grundsätzlich anders sogar: Die Regale stehen nicht längs wie sonst in Volketswil, Mallorca oder in New Jersey. Sondern quer. Kurze statt lange Gänge und damit verbunden Fragen, die sonst in einem weltumspannenden durchstrukturierten und -normierten Unternehmen nicht gestellt werden. Darf man das? Geht das überhaupt?
Für den Chef eine Herzensangelegenheit
Die Filiale sei zu einer Herzensangelegenheit geworden, sagte Georg Kröll, der CEO von Lidl Schweiz, heute vor Ort. Das zeige alleine schon seine Anwesenheit. Sonst stünden an Eröffnungen andere im Mittelpunkt. Alles ein bisschen aufwändiger, alles ein bisschen spezieller, alles ein bisschen schöner. Viel schöner, glaubt man Kröll, der im gleichen Satz aber versicherte, dass die Produkte auch an der ungewohnten Premiumlage gewohnt günstig seien.
Die Preise sind vielleicht das einzig Schreierische. Und, wer weiss, vielleicht wird in der Realität alles nur halb so schlimm mit dem gelben Riesen in der Fraumünsterpost.
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