Lieber ins Kino oder in die Tennishalle als auf die Achterbahn
Das Turnier in Cincinnati gehört zu den Fixpunkten in Roger Federers Saisonplanung. Das hat mit der Atmosphäre zu tun, nicht aber mit dem Freizeitpark, der neben dem Stadion liegt.

Das Western & Southern Open gehört nicht zu den Events, denen das Label «fünftes Grand-Slam-Turnier» angeheftet wird. Es findet 39 Kilometer nördlich von Cincinnati in Mason statt. Die Stadt verfügt über wenig Charme, die moderne Tennisanlage liegt direkt neben dem pro Richtung fünfspurigen Highway 71. Obwohl sich auf der anderen Seite der Autobahn der 147 Hektaren grosse Freizeitpark Kings Island befindet, gehört Mason für europäische Touristen nicht zu den Pflichtdestinationen.
Anders ist das für Roger Federer. Er hat den Event in Ohio seit 2002 nicht einmal freiwillig verpasst. Er bezeichnet das Masters-1000-Turnier in Cincinnati als Fixpunkt seiner Planung, genau wie jenes in Indian Wells und jenes in Shanghai. Warum? «Erstens behagen mir die Spielbedingungen», antwortet er. «Und zweitens ist die Ambiance hier anders als an anderen Events. Die Leute kommen ins Stadion, weil sie Tennis sehen wollen. In grossen Städten merken die Menschen, dass ein Tennisturnier stattfindet, und denken sich: ‹Lass uns das mal ausprobieren.› Dort ist die Konkurrenz durch Konzerte, Broadway-Shows und so weiter gross. Hier geht es nur um Tennis; als Spieler spürst du, dass die Zuschauer etwas von der Sache verstehen.»
Andrang im Training
Die Zuneigung ist gegenseitig, das ist im Lindner Family Tennis Center spürbar. Als sich der Baselbieter am Dienstag einschlug, drängten sich über 500 Menschen um den Tennisplatz. Viele standen auf den Tribünen anderer Courts, um einen Blick auf das Idol zu erhaschen, während nebenan im 4000 Personen fassenden Stadion 3 knapp 100 Besucher den Match Lucas Pouille - Leonardo Mayer verfolgten. «Es macht unheimlich viel Freude, den Enthusiasmus der Fans zu erleben», sagt Federer. «Vielleicht wollen mich viele unbedingt nochmals sehen, bevor ich aufhören werde. Vielleicht ist die Begeisterung sogar noch etwas grösser, weil ich zwei Jahre nicht mehr hier war. Einerseits geniesse ich es, dass viele Leute meine Trainings besuchen, anderseits wäre ich manchmal froh, wenn niemand dabei wäre. Du könntest besser mit dem Coach reden, vermehrt Dinge ausprobieren. Wenn 500 Leute um den Court stehen, bist du im Blickpunkt. Du fühlst dich schon fast wie in einer Matchsituation.»
Dass seine Erfolge die Verbundenheit mit dem Anlass begünstigen, streitet der 37-Jährige nicht ab. Siebenmal hat er hier schon den Pokal in die Höhe gestemmt. Der Schweizer hat auf dem Center-Court viele schöne Momente erlebt und die Zuschauer oft mit Traumtennis verwöhnt. Unvergessen ist etwa, wie Federer 2015 im Final den damaligen Dominator Novak Djokovic mit dem Sabr (Return direkt hinter der Aufschlaglinie) austrickste. Er betont aber, er sei schon immer gern hierhergekommen. «Und nun bin ich mit der Familie da, das gibt dem Erlebnis noch einen etwas anderen Dreh.»
Lieber Kino als Achterbahn
Seit mehreren Jahren mietet Federer unweit der Anlage ein Haus. «Das funktioniert gut, gibt aber viel zu tun: kochen, putzen, abwaschen», erzählt er. «Im Hotel wäre es sehr einfach, andererseits wären immer Fans um uns herum. In der Siedlung kannst aus dem Haus gehen, herumrennen, mit Kreide die Strasse bemalen, ohne dass dich jemand stört. Schon nur deswegen ist es für uns eine sehr gute Wahl.»
Kings Island mit seinen 15 Achterbahnen ist für Federer persönlich kein Pluspunkt. «Ich erinnere mich, dass ich einmal mit Peter Lundgren drüben war und wir von einer Bahn aus aufs Stadion gesehen haben. Und dann ging es steil hinunter ...» Danach habe er sich gesagt, das müsse er sich nicht mehr antun. «Ich habe schon Angst vor den Bahnen, an denen meine vierjährigen Söhne Spass haben.» Deshalb gehe er mit den Kleinen eher ins Kino, in eine Tennishalle oder sonst in einen Park. «Ich unternehme mit den Kindern eher die ruhigen Sachen; wenn sie unbedingt auf die Achterbahnen gehen wollen, sollen sie das mit jemand anderes machen.» Roger Federer weiss aber: Seine neunjährigen Töchter mögen den Freizeitpark. Obwohl sie derzeit schulisch stark eingespannt sind, werden sie Kings Island diese Woche besuchen. Denn da unterscheidet sich der Tennisstar nicht von anderen Familienvätern. Sind die Kinder glücklich, ist er es auch.
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