Florierendes GlücksspielLiechtenstein will Spielhöllen bremsen
Der Erfolg der Liechtensteiner Casinos ärgert die Schweizer Konkurrenz und ist der Regierung nicht mehr geheuer. Nun greift sie ein.

Am Pathos fehlt es nicht. «Ein Ort voller Eleganz und triumphaler Momente» sei der «Circus Maximus», behaupten seine Macher. «Umgeben von der magischen Bergkulisse» vereine ihr Etablissement «in eleganter Atmosphäre Geschichten des Glücks». Überprüfen kann das allerdings niemand, denn das Spielcasino mit dem aus der Antike entführten Namen ist geschlossen. Unübersehbar steht es an einer Ausfallstrasse der Liechtensteiner Gemeinde Schaan; der klobige Bunker in kitschigem Gold wirkt wie ein Fremdkörper in der alpinen Umgebung.
Seit einigen Monaten ist er obendrein ein Fall für die Justiz, am 25. August wird vor dem Fürstlichen Landgericht in der Hauptstadt Vaduz verhandelt. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen einen Verantwortlichen wegen Vergehens gegen das Geldspielgesetz und unlauteren Wettbewerbs erhoben.
Das Casino gehört einer Liechtensteiner Gesellschaft, hinter der offenbar ein deutscher Glücksspielunternehmer steht. Der rühmt sich seiner mehr als 30-jährigen Erfahrung in der Branche der Spielautomaten, Kartentische und Roulettescheiben. Fragen dieser Zeitung zu seinen Liechtensteiner Aktivitäten und den Vorwürfen der Anklage liess er unbeantwortet.
Willkommenes Geschäft
Die ganze Angelegenheit ist insofern ein Ausnahmefall, weil Spielhöllen in Liechtenstein zumindest politisch bislang willkommen waren. Gemessen an seinen 38’000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist das Fürstentum das Land mit der grössten Spielcasino-Dichte in Europa. Seit 2017 eröffneten hier fünf solcher Einrichtungen; mindestens fünf sollen in absehbarer Zeit hinzukommen. Eines davon sogar an zentraler Stelle, im «Central»-Gebäude mitten in der kleinen Fussgängerzone von Vaduz. Auf zwei Etagen mit verspiegelten Fensterfronten soll dort künftig gezockt werden, schräg gegenüber von gleich zwei Kunstmuseen von europäischem Rang.
Die Spielerei passt nicht zum eigenen Anspruch des Landes, finden viele Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner. Sie sorgen sich um die Reputation des Staates, der viel dafür tut, um international nicht mehr als zwielichtiger Zufluchtsort für Steuerhinterzieher und Geldwäscherinnen wahrgenommen zu werden. Die Spielhölle Nummer eins auf dem Kontinent zu sein, noch vor Monte-Carlo, entspricht nicht recht dem Image als seriöser, fürstlicher Finanzplatz.
Nachdem sich die kritischen Stimmen quer durch die Parteien mehrten, reagierte kürzlich die Regierung. Um «unerwünschten Entwicklungen, die einen Trend zu Spielhallen zeigen» zu begegnen, hob sie die staatliche Beteiligung an den Bruttospielerträgen spürbar an, also die Differenz zwischen Einsätzen der Spieler und an sie ausgezahlten Gewinnen.
Von Januar 2022 an steigt der Progressionssatz von 2,75 auf 5,5 Prozent. Ein grosses Spielcasino wie jenes in Schaanwald gleich am Grenzübergang nach Feldkirch in Österreich müsse dadurch ab 2022 mit 460’000 Schweizer Franken mehr Abgaben rechnen, schrieb die Zeitung «Wirtschaft regional».
«Die Regierung erachtet diese Anpassungen als ersten richtigen Schritt, um eine Marktkonsolidierung herbeizuführen und um einen qualitativ hochwertigen Spielbetrieb sicherzustellen.»
Zudem kündigte die Regierung klare Vorgaben für die Ausbildung des Casino-Personals und Verhandlungen mit der benachbarten Schweiz über den Austausch von Sperrlisten an, auf denen die Namen von Spielsüchtigen mit Zutrittsverboten zu entsprechenden Etablissements verzeichnet sind. «Die Regierung erachtet diese Anpassungen als ersten richtigen Schritt, um eine Marktkonsolidierung herbeizuführen und um einen qualitativ hochwertigen Spielbetrieb sicherzustellen», sagte Wirtschaftsministerin Sabine Monauni.

Damit werden zwar die Rahmenbedingungen für Spielcasino-Betreiber in Liechtenstein unattraktiver, doch ein entschlossener Kampf gegen das bis 2009 in dem katholisch geprägten Fürstentum verbotene Glücksspiel sähe anders aus.
Auch viel Kundschaft aus der Schweiz
Doch bei allen Bedenken nimmt Liechtenstein die Einnahmen aus den Glücksspielabgaben gerne mit. Trotz Pandemie und Teil-Lockdown blieben 2020 rund 75 Millionen Franken beim Fiskus hängen, rund 200’000 Franken täglich. Kritik kommt aus der Schweiz, wo Casinobetreiber klagen, die Liechtensteiner machten ihnen die Kundschaft abspenstig. Tatsächlich weist allein ein oberflächlicher Blick auf die Kennzeichen der Autos vor den Casinos aus, dass viele Schweizer, sogar aus der Romandie, Österreicherinnen, aber auch erstaunlich viele Deutsche zum Zocken nach Liechtenstein kommen.
Die Glücksspielunternehmer haben das Potenzial des Standorts schnell erkannt. Es motivierte mutmasslich auch den deutschen Geschäftsmann, den golden angestrichenen Kasten in Schaan hochzuziehen, trotz exorbitant hoher Grundstückspreise vor Ort. 2019 hat er das Projekt gestartet.
Wie es heisst, soll der Unternehmer inzwischen sogar von Deutschland nach Liechtenstein umgezogen sein. Bislang verweigerte das Amt für Volkswirtschaft die Konzession. Wer im laufenden Strafverfahren als Beschuldigter geführt wird, ist unklar; offizielle Informationen fliessen nur spärlich. Es heisst lediglich, ein Mitarbeiter der Betreiberfirma des «Circus Maximus» habe falsche Angaben gemacht, um die Zulassung zu erhalten.
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