Lothar (3/7): Dann kam der Käfer
Die Waldeigentümer traf das Unglück vor zehn Jahren gleich doppelt. Zuerst fällte Lothar Hunderte Bäume, dann kam der Borkenkäfer.
Die Käfer vernichteten viel Holz
Von Karin Enzler
Oberland - Wenn der Orkan Lothar jemandem geholfen hat, dann dem Borkenkäfer. Nach dem Sturm lag viel frisches Holz am Boden. Für den Käfer waren das ideale Bedingungen, um sich auszubreiten. Mit verheerenden Folgen: Im Oberland haben Lothar und der Borkenkäfer gleich viel Holz vernichtet, nämlich je etwa 490 Hektaren.
Ist ein Baum vom Borkenkäfer befallen, stirbt er ab. Der Käfer ernährt sich von Fasern und zerstört damit das Wasser- und Mineralstoff-Leitsystem des Baumes. Doch nicht nur das: Wenn ein Borkenkäfer einen geschwächten oder vom Sturm gefällten Baum gefunden hat, lockt er mit Duftstoffen ein ganzes Heer seiner Artgenossen an. Die Schädlinge befallen fast nur Fichten. Gesunde, im Saft stehende Bäume meiden sie. In ihrem Harz würden sie ertrinken. Seinen Namen verdankt der Käfer der Borke, der Baumstammrinde, wo er sich jeweils einnistet und in den Rammelkammern fortpflanzt.
Waldbesitzer erhielten Geld
Am schlimmsten vom Sturm Lothar und der anschliessenden Borkenkäfer-Invasion betroffen waren Uster, Fehraltorf, Pfäffikon, Dürnten, Bubikon und Gossau. 2004, auf dem Höchststand des Befalls, meldeten die Revierförster im Zürcher Oberland über 50 000 Kubikmeter Käferholz. Frustriert waren die Waldbesitzer, weil sie gegen den Borkenkäfer nichts ausrichten konnten. «Sie waren hilflos», sagt Samuel Wegmann, Leiter des Forstkreises 3, der das Zürcher Oberland umfasst. «Wichtig ist, dass man einen befallenen Baum rasch fällt und wegführt.»
Den Garaus machen dem Borkenkäfer Pilzinfektionen. Solche gibt es, wenn es lange nass ist. Dann verfault der Borkenkäfer im feuchten Stamm. Spechte und andere Vögel gehören zwar zu den natürlichen Feinden des Käfers - doch nach Lothar gab es so viele Käfer, dass die Vögel gar nicht mit Fressen nachgekommen wären, wie Wegmann sagt. Bei trockenem, warmem Wetter - wie im Hitzesommer 2003 - gefällt es dem Borkenkäfer am besten: In einer solchen Periode können bis zu drei Generationen schlüpfen. Ein einzelnes Weibchen hat bis zu 60 Nachkommen. Aber auch Kälte macht dem Schädling nichts aus. Als Überlebenskünstler erträgt er Temperaturen von bis zu minus 30 Grad. Die bei uns häufigsten Arten sind der Buchdrucker, der etwas grösser als ein Stecknadelkopf ist, und der kleinere Kupferstecher, der in der Baumkrone lebt.
Damit sie sich um befallene Flächen kümmern, verteilte der Kanton Zürich Geld an die privaten Waldbesitzer. Von den im Jahr 2001 total gesprochenen 9,4 Millionen Franken ging ein Drittel für die Wiederaufforstung ins Oberland. Geld gab es nicht nur für die aktive Aufforstung, sondern auch dafür, dass die Eigentümer der Natur den nötigen Freiraum lassen. Der Wald sollte sich natürlich verjüngen. Kein Geld gab es für die Neupflanzung von Fichten: Sie wären beim nächsten Sturm oder der nächsten Käferplage gleich wieder vernichtet worden. Zurzeit gibt es im Zürcher Oberland kein Borkenkäfer-Problem mehr. Die Population hat seit dem Höchststand um über 80 Prozent abgenommen. «Es sind nur noch einzelne Bäume befallen», sagt Wegmann. «Und das gehört einfach dazu.»
Käfer ist aber nicht gleich Käfer. Heute gilt es als wünschenswert, dass Waldbesitzer Totholz und Asthaufen stehen oder liegen lassen. «Totholz gilt als Mangelware», so Wegmann. Vögel können darin Bruthöhlen bauen und Nahrung finden. Nur Fichten sollten Waldbesitzer nicht liegen lassen: Dann würden sie vor allem den Borkenkäfer füttern.
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