Luzern will sich verschulden
Weil der Kanton Luzern noch immer kein Budget hat, darf er nur noch die nötigsten Ausgaben tätigen. Damit man künftig wieder investieren kann, beantragte die Regierung eine Lockerung der Schuldenbremse.

Lange ist es her: Im Jahre 2001 betrug die Nettoschuld Luzerns fast 2,2 Milliarden Franken und der grösste Zentralschweizer Kanton stand im Ruf, eine Steuerhölle zu sein. In der Zwischenzeit sind die Schulden aber auf rund 300 Millionen Franken gesunken, und Luzern rühmt sich, schweizweit die tiefsten Unternehmensgewinnsteuern zu haben. Damit Luzern nicht wieder in die Zeit der Schuldenwirtschaft zurückfallen konnte, verordnete sich der Kanton gleichzeitig mit der massiven Steuersenkung 2011 eine Schuldenbremse.
Seit einigen Jahren führen aber die gesunkenen Steuereinnahmen zu tiefroten Zahlen und einem harten Sparkurs. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung ist, dass Luzern über kein Budget mehr verfügt – auch weil das Volk eine Steuererhöhung abgelehnt hat. Deshalb dürfen nur noch die «für die ordentliche und wirtschaftliche Staatstätigkeit unerlässlichen Ausgaben» getätigt werden.
Erst wenn der Kantonsrat im September das von der rein bürgerlichen Regierung vorgeschlagene Budget genehmigt, kann die Polizei wieder neue Autos kaufen, die Kantonsverwaltung wieder Personal einstellen, die Zentral- und Hochschulbibliothek (ZHB) saniert und zahlreiche Strassenbau- und Infrastrukturprojekte ausgeführt werden. Das ordentliche Budget erkauft sich die bürgerliche Kantonsregierung mit weiteren einschneidenden Sparmassnahmen, die von der rot-grünen Ratsminderheit vehement abgelehnt werden. Vorgesehen sind unter anderem Kürzungen bei der individuellen Prämienverbilligung, beim Budget für das Asyl- und Flüchtlingswesen, bei den Stipendien, bei der polizeilichen Sicherheit (geringere Patrouillendichte, präventive Präsenz- und Öffnungszeiten) oder beim Medienerwerb im Bibliothekswesen.
«Tragbare» statt keine Schulden
Um dies zu verhindern, forderte die SP in einer dringlichen Motion die sofortige Aussetzung der Schuldenbremse für 2017. Jedoch vergeblich, die FDP und SVP lehnten die Dringlichkeit des Vorstosses gestern diskussionslos ab. Dafür hat eine von der Regierung vorgeschlagene Lockerung der Schuldenbremse ab 2018 gute Chancen, heute im Kantonsrat angenommen zu werden: Ausser der SVP haben sämtliche Kantonsratsparteien in der Vernehmlassung die Anpassung der Schuldenbremse grundsätzlich begrüsst.
Dies erstaunt Beobachter, galt doch bisher das regierungsrätliche Credo «Keine neuen Schulden». Neu sei nicht mehr die generelle Vermeidung neuer Schulden das Ziel, sondern «ein tragbares Schuldenniveau», rechtfertigt die Regierung ihren Sinneswandel. Und der parteilose, FDP-nahe Finanzdirektor Marcel Schwerzmann sagte bei der Vorstellung der Gesetzesänderung: «Das Korsett der Schuldenbremse darf nicht so eng geschnürt sein, dass sich der Staat darin kaum bewegen und weiterentwickeln kann.» Schulden sollen deshalb im Rahmen der langfristigen positiven wirtschaftlichen Entwicklung des Kantons möglich sein. Gemessen an der Zunahme der kantonalen Steuerkraft dürfte die Schuldenlast nach Schätzungen der Regierung bis 2031 um rund 480 Millionen Franken zunehmen. Als Beispiel für eine wichtige Investition nannte Schwerzmann den Bau eines zentralen Verwaltungsgebäudes im Norden Luzerns. Damit könne man jährlich rund 7 Millionen Franken an Miete einsparen.
Sogenannte Konsumschulden sollen aber weiterhin vermieden werden. Für unerwartete Budgetabweichungen ist deshalb eine Notreserve mit einem Startkapital von 100 Millionen Franken vorgesehen.
Ausnahme für die Volksschule
Dass aber bei anderen staatlichen Leistungen weiterhin gespart werden soll und keine Anpassung bei der von der Linken heftig kritisierten Tiefsteuerstrategie vorgesehen ist, zeigt das neue Finanzleitbild. Mit diesem Führungsinstrument will die Regierung darlegen, wie der Kanton seine finanzielle Handlungsfreiheit wieder zurückgewinnt.
Demnach will die Kantonsregierung mit Ausnahme bei der Gesundheit, in der Volksschule und in der Sicherheit keine neuen Ausgaben mehr zulassen. In der gestrigen Schlussabstimmung wurde die Vorlage mit grosser Mehrheit angenommen.
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