
Tamar Zandberg gilt als neue Hoffnungsträgerin der Linken in Israel: Mehr als 71 Prozent der Mitglieder der sozialdemokratischen Meretz-Partei stimmten bei einer Urabstimmung für die 41-Jährige. Sie ist damit die einzige Parteichefin – und die jüngste dazu.
Ihre Wählerinnen und Wähler erhoffen sich von Zandberg, dass sie der Partei neuen Schwung bringe. Sie will «die Partei und die Linke insgesamt aus ihrem depressiven Zustand erwecken». Seit 2013 sitzt sie als Abgeordnete im israelischen Parlament und hat für die nächste Wahl, die regulär im November 2019 stattfinden soll, die Ziele hoch gesteckt: 10 der 120 Sitze möchte sie mit Meretz erringen. Das wäre eine Verdoppelung.
Entsetzen in den eigenen Reihen
Die sozialdemokratische Partei könnte eine Alternative sein für all jene, denen die Arbeiterpartei unter Avi Gabbay zu rechts geworden ist. Der im Vorjahr überraschend zum Vorsitzenden gewählte Multimillionär versucht, mit harten Positionen zu punkten, etwa zum Siedlungsbau oder zur Flüchtlingsfrage. Aber das gelingt ihm laut Umfragen nicht und ruft Unmut bei Anhängern hervor. Das könnte Raum für Meretz schaffen, die als zionistische Partei einen eigenen Staat für die Palästinenser befürwortet und für religiösen Pluralismus eintritt. Diese Themen will Zandberg nun stärker in den Mittelpunkt stellen.
Meretz hat in der israelischen Politik einmal eine wichtigere Rolle gespielt. Zwei Regierungsbeteiligungen kann die Partei vorweisen. Vor 17 Jahren war sie zuletzt in einer Koalition, damals unter Premierminister Ehud Barak.
Zandberg setzt daneben bewusst auf soziale Themen. Sie gehörte zu den wichtigsten Anführern der Proteste gegen die hohen Immobilienpreise.
Zandberg will, zum Entsetzen einiger in der Partei, sogar in eine Koalition eintreten, wenn dem Kabinett der jetzige Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und seine nationalistische Partei Unser Heim Israel angehören würden. Das sorgte für Aufregung. Sie distanzierte sich von der reinen Lehre, die viele Linke vertreten, ihr Motto sei Macht, nicht Reinheit.
Zandberg setzt daneben bewusst auf soziale Themen. Sie gehörte zu den wichtigsten Anführern der Proteste gegen die hohen Immobilienpreise. Im Sommer 2011 wurde mit Zeltstädten in Israel darauf aufmerksam gemacht. Sie lebt in Tel Aviv mit Uri Zaki zusammen, dem Ex-Direktor der regierungskritischen Organisation B'Tselem.
Ihre politische Karriere begann sie als parlamentarische Mitarbeiterin des früheren Meretz-Abgeordneten Ran Cohen. 2008 wurde sie in den Stadtrat von Tel Aviv gewählt. Die geschiedene Mutter einer Tochter führte das Frauenkomitee an und setzte sich dafür ein, dass öffentliche Verkehrsmittel auch am Schabbat fahren. Ihre Wahlkampagne finanzierte sie mittels Crowdfunding. Wer sie unterstützen wollte, konnte dies mit Summen bis zu umgerechnet 230 Euro tun. Diese Kampagne könnte für die Partei insgesamt als Vorbild dienen.
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Macht statt Reinheit
Wer ist Tamar Zandberg, die neue Chefin von Israels Sozialdemokraten?