Machtkampf um Bundesratssitz
Die Waadtländer FDP-Regierungsrätin Jacqueline de Quattro trifft mit ihrer Bundesratskandidatur parteiintern auf heftigen Widerstand. Ein seit Jahren schwelender Konflikt bricht wieder auf.

An Selbstvertrauen fehlt es der FDP Waadt nicht. Aus Sicht der Parteileitung gäbe es gleich mehrere fähige Kandidaten für die Nachfolge von Bundesrat Didier Burkhalter. Dass mit dem Tesssiner Freisinnigen Ignazio Cassis bereits ein starker Kandidat bereit steht und als Kronfavorit gilt, beeindruckt niemanden. Doch die Waadtländer FDP macht gerade einen etwas hilflos- bis chaotischen Eindruck.
Am Samstag liess Regierungsrätin Jacqueline de Quattro ihre persönliche Mitarbeiterin verbreiten, sie kandidiere für die Nachfolge von Bundesrat Didier Burkhalter. Interviews will de Quattro seither aber keine geben.
Stunden später tauchte FDP-Ständerat Olivier Français in der Tagesschau des Westschweizer Fernsehens auf und meldete ebenfalls Ambitionen an. Français sagte: «Ich wäre sehr geehrt, wenn man mich zu einer Bundesratskandidatur auffordern würde.»
Das Waadtländer FDP-Präsidium konnte nicht verhindern, dass eine seit Jahren schwelende Feindschaft zwischen de Quattro und Français aufbrach und nun für Gesprächsstoff sorgt. Der für seine Gefühlsausbrüche berüchtigte Ingenieur hat nicht verwunden, dass sich de Quattro ihm vor mehr als einem Jahrzehnt in den Weg stellte, als er vom Lausanner Stadtrat in die Waadtländer Regierung aufsteigen wollte. Auch wenn es jetzt um Bundesratswahlen geht, gibt es überraschende Parallelen zu damals.
In der kantonalen Politik wenig etabliert
Jacqueline de Quattro lancierte ihre Kandidatur für den Waadtländer Regierungsrat wie jetzt im Juli 2006, mitten im medialen Sommerloch. Ihre Ambitionen kamen selbst für ihre eigene Partei überraschend. Die Juristin war in der kantonalen Politik wenig etabliert. Sie hatte ab 2001 nur während einiger Monate im Kantonsrat politisiert und auch das nur, weil sie als Ersatzkandidatin für einen zurückgetretenen Kollegen nachgerutscht war. 2002 verlor die FDP den Parlamentssitz. De Quattro verblieb aber in der Rechtskommission ihrer Kantonalpartei und schrieb am Parteiprogramm der FDP Schweiz mit. 2006 kam sie wieder zu einem politischen Amt: Die 54-Jährige wurde Gemeinderätin in ihrer Wohngemeinde La Tour-de-Peilz. Doch sie wollte rasch aufsteigen.
De Quattro nutzte den Sommer 2006, um sich trotz ihrer dürftigen politischen Erfahrung als künftige Waadtländer Regierungsrätin zu profilieren. Dank professioneller Unterstützung machte sie als junge, unverbrauchte politische Kraft von sich reden. Kommunikationsberater Marc Comina führte den Wahlkampf, Wirtschaftsprofessor Stéphane Garelli präsidierte ihr Unterstützungskomitee. Doch in der FDP regte sich Widerstand gegen die aufstrebende Blondine mit Zürcher Wurzeln.
Auch Olivier Français sah sich als künftiger Statthalter im Lausanner Château, dem Sitz der Waadtländer Regierung. Der amtierende FDP-Staatsrat Pascal Broulis wiederum arbeitete parteiintern daran, seinen langjährigen politischen Weggefährten Armand Rod neben sich in der Regierung zu installieren. Doch die FDP-Delegierten sprachen sich weder für Rod noch Français, sondern für Jacqueline de Quattro aus, die auch bei den Regierungswahlen im Frühling 2007 durchmarschierte und sich im zweiten Wahlgang ihr Mandat sicherte.
Interesse an Ständerat?
Die Niederlage hat Olivier Français nicht verwunden. Wenn Jacqueline de Quattro bei Parteiversammlungen ans Mikrofon tritt und eine Rede hält, flieht er aus dem Saal. Ihr als Bundesratskandidatin will er sich nun in den Weg stellen. Wohl auch wegen der Furcht, sie könnte ihre Kandidatur lediglich lancieren, um sich als künftige Bundespolitikerin zu positionieren. Ihre derzeitig dritte Legislatur im Staatsrat hat de Quattro bereits als ihre letzte angekündigt. Die 54-Jährige könnte sich für den Waadtländer FDP-Ständeratssitz interessieren, den der 62jährige Olivier Français besetzt.
Der Machtkampf kann Frédéric Borloz, Nationalrat und Präsident der Waadtländer FDP, nicht gefallen. Seinen Aufruf an der Delegiertenversammlung im Juni, die Bundesratswahlen ruhig und geordnet anzugehen und Diskretion zu wahren, wird ignoriert. Angeblich hat er für Donnerstag zu einer Parteileitungssitzung eingeladen. Borloz versucht die Situation positiv darzustellen und Emotionen zu kanalisieren. Über Français' Ambitionen sagte er der Zeitung «24 Heures»: «Für einen Parlamentarier in Bern ist es legitim, sich für die Regierung zu interessieren.» Als Präsident sei er «sehr zufrieden.» Er habe gewichtige Kandidaten und ambitionierte Leute, die Lust hätten, einen Teil ihres Lebens dem Land zu widmen.
Ob Borloz sich auch mit Isabelle Moret als Kandidatin auseinandersetzen muss, wird sich weisen. Nach Jacqueline de Quattros Erklärung ist davon kaum mehr auszugehen. Moret und de Quattro sind sich freundschaftlich verbunden. Sie haben frühzeitig signalisiert, sich bei einer Kandidatur gegenseitig zu unterstützen. Offiziell überlegt sich Moret eine Kandidatur noch. Dass de Quattro kandidiert, bedeutet wohl, dass Moret ihrer Kollegin das Feld überlassen hat.
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