Schicksal eines NBA-Stars«Manchmal vergesse ich, dass ich einst Basketball spielte»
Selten passiert es, dass ein wohlhabender Sportler innerhalb kurzer Zeit alles verliert. Die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Delonte West.

Schon als kleiner Junge träumte er davon, professioneller Basketballspieler zu werden. 1983 in Washington D.C. geboren, entdeckte Delonte West früh seine Liebe für den Sport. Er wuchs in Armut auf und hatte mit Depressionen zu kämpfen. Mit 14 Jahren hatte er schon mehrere Suizidversuche hinter sich.
Wests Weg in die NBA
In seiner High School spielte er leidenschaftlich Basketball und wurde schon früh mit dem Titel «Player of the Year» ausgezeichnet. Später wechselte er zur Saint Joseph’s University, wo sein Name erstmals in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Mit einem späteren NBA-Profi führte er sein Team zu einer historischen Top-8-Platzierung im NCAA-Turnier. Dies war dem Team in 77 Teilnahmen nur viermal gelungen. Seit Wests historischem Lauf wurde es bis heute nie mehr geschafft.
Die National Collegiate Athletic Association (NCAA) ist eine gemeinnützige und damit von der Steuerpflicht befreite Non-Profit-Organisation, über die viele Colleges und Universitäten der Vereinigten Staaten ihre Sportprogramme organisieren. Dank dieser ist es Spielern möglich, von höheren Universitäten gescoutet zu werden und in den besten Universitäten grosse Chancen zu haben, in die NBA zu kommen.
Im NBA-Draft 2004 wurde Delonte West in der ersten Runde als 24. Pick von den Boston Celtics ausgewählt. Drei Jahre später spielte er bei den Cleveland Cavaliers mit anderen Talenten wie einem jungen LeBron James.
Der Streit mit LeBron James
Die Beziehung zwischen den beiden Spielern verschlechterte sich aber drastisch, als Gerüchte aufkamen, dass Delonte West eine Affäre mit James’ Mutter habe.
2008 wurden bei West bipolare Störungen diagnostiziert, welche dazu führten, dass er auf dem Court schnell wütend wurde. Er provozierte seine Trainer, Mitspieler und Fans und schrie sie an. Auch neben dem Platz kam es zu Skandalen: 2009 wurde er wegen Besitz dreier Waffen verhaftet.
Als im darauffolgenden Jahr LeBron James zu den Miami Heat wechselte und West vom Team abgeschoben wurde, begann seine NBA-Karriere einzubrechen. 2012 spielte er sein letztes professionelles NBA-Spiel mit den Dallas Mavericks. Die folgenden drei Jahre heuerte er noch in tieferen Ligen der USA und Chinas an, ehe er 2015 durch eine Beinverletzung gezwungen wurde, seine Karriere zu beenden.
Da er mit dem Sport von einem Tag auf den anderen aufhören musste, fiel er in starke Depressionen und begann vermehrt Drogen und Alkohol zu konsumieren. Das führte ihn zur Obdachlosigkeit.
2020 kursierten Videos, wie West verhaftet am Strassenrand sass. Darauf kam der Besitzer der Dallas Mavericks, Mark Cuban, auf ihn zu. Er schickte ihn in eine Abenteuertherapie: eine psychotherapeutische Interventionsmethode, die hauptsächlich in der Natur stattfindet und mit abenteuerlichen Aktivitäten und Herausforderungen arbeitet. Im darauffolgenden Jahr begann West einen Job bei einer Reha-Einrichtung und war wieder mit seiner Mutter vereint.
Alles schien sich zum Guten zu wenden – bis West im vergangenen Jahr erneut verhaftet wurde, nachdem er in ein fremdes Auto hatte einbrechen wollen. Dazu kam, dass bei ihm MS (multiple Sklerose) diagnostiziert wurde. Es passt zu Wests Leben, das ein stetiges Auf und Ab ist.
Die NBA schafft Hilfe für alle
Doch etwas hat seine Geschichte bewirkt: Die mentale Gesundheit der Sportler in der NBA wurde zum wichtigen Thema. 2019 hatte das Internationale Olympische Komitee eine Konsenserklärung veröffentlicht, in der unter anderem festgestellt wurde, dass ein Drittel aller NBA-Profis an mentalen Gesundheitsproblemen leiden. So eröffnete die NBA ein Portal, welches auch den Zuschauern der NBA ermöglicht, sich selbst zu bessern und Hilfe zu holen.
Auch die Spieler wurden mit Personal im Bereich der mentalen Gesundheit unterstützt. Seitdem haben sich auch viele NBA-Spieler geäussert, wie DeMar DeRozan, der im Podcast «The Old Man and the Three» sagte: «Es gibt so viel inneren Druck, jeden Tag grossartig zu sein, jeden Tag sagt man sich: ‹Ich muss zurück zum Gym gehen. Ich habe nicht genug gemacht. Sollte ich einen Tag Pause machen? Nein, ich werde es einfach durchziehen.› Und du weisst, dass du das so weit trägst, dass du nicht wirklich glücklich sein kannst, bis du davon weggehst.» Auch Giannis Antetokounmpo sagte beim 2022 NBA Media Day: «Eine Auszeit nehmen zu können, nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Einfach bisschen vom Spiel wegzugehen, Zeit mit der Familie zu verbringen und zu machen, was man liebt, und einfach auf dem Sofa zu liegen. Das braucht man, um grossartig im Sport zu sein.»
Und auch der aktuelle NBA-Commissioner Adam Silver sagte: «Was mich trifft, ist, dass viele dieser jungen Männer wirklich unglücklich sind.»
Zurzeit geht es Delonte West schlechter, jedoch können wir nicht vergessen, dass durch das Bekanntwerden seiner Geschichte die Sicht der NBA gegenüber mentalen Problemen für immer verändert wurde.
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