Mansur ordnet rasche Neuwahlen an
Seit dem Sturz von Mohammed Mursi versinkt Ägypten im Chaos. Bei Kämpfen zwischen Islamisten und dem Militär in Kairo starben 54 Menschen. Das Volk soll noch in diesem Jahr ein neues Parlament wählen.
Verfassungsänderung, Parlamentswahlen, Präsidentschaftswahlen: Bis Anfang 2014 will Übergangspräsident Mansur die politische Ordnung in Ägypten wieder herstellen. Die jüngste Gewalteskalation legt jedoch nahe, dass die Islamisten sich den Plänen widersetzen könnten.
Ägyptens Übergangspräsident Adli Mansur will bis Anfang 2014 die politischen Verhältnisse am Nil neu ordnen. Sein vorgestellter Fahrplan sieht eine Verfassungsreform sowie anschliessende Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vor. Die Anhänger des vom Militär abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi protestieren weiter und warnen vor einem Bürgerkrieg. Mehr als 50 Menschen waren gestern bei Schiessereien mit Soldaten getötet worden; es war der blutigste Tag seit der Absetzung Mursis vor einer Woche.
Abstimmung über Verfassung
Mansur schlägt zunächst die Einsetzung zweier Komitees vor, die Änderungen an der islamistisch ausgerichteten Verfassung ausarbeiten sollen, die unter der Herrschaft Mursis und dessen Muslimbruderschaft verabschiedet worden war. Innerhalb von viereinhalb Monaten soll es dann eine Volksabstimmung über die geänderte Verfassung geben. Im Anschluss daran sollen innerhalb von zwei Monaten Parlamentswahlen stattfinden, das wäre etwa Mitte Februar; danach hätten die Abgeordneten dann eine Woche Zeit, um einen Termin für die Präsidentenwahl festzulegen.
Ob islamistische Gruppen, insbesondere Mursis Muslimbruderschaft, dem Plan folgen werden, gilt allerdings als zweifelhaft. Mursis Partei Freiheit und Gerechtigkeit rief die Ägypter auf, sich gegen das Militär zu erheben. Den Generälen warf sie vor, das Land in ein «zweites Syrien» zu verwandeln. Die ultrakonservative Al-Noor-Partei setzte ihre Teilnahme an Gesprächen zur Regierungsbildung aus Solidarität mit den Muslimbrüdern aus.
Gewalt vertieft die Gräben
Das Chaos in der Hauptstadt Kairo hatte gestern Montag einen Höhepunkt seit Mursis Sturz erreicht. Bei Strassenkämpfen zwischen Soldaten und Mursi-Anhängern kamen mindestens 54 Islamisten sowie zwei Polizisten und ein Soldat ums Leben. Die Gewalt vertieft die Gräben zwischen den politischen Lagern weiter.
Die Muslimbrüder erklärten, Soldaten und Polizisten hätten zur Zeit des Morgengebets unvermittelt eine friedliche Sitzblockade vor dem Militärkomplex beschossen. Auch Frauen und Kinder seien unter den Opfern. Während der drei Stunden andauernden Kämpfe wurden mindestens 435 Menschen verletzt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Mena unter Berufung auf den Leiter der ägyptischen Einsatzkräfte berichtete.
«Ich stand in der letzten Reihe»
Militär und Muslimbrüder schoben sich gegenseitig die Verantwortung für die Eskalation zu. Militärsprecher Ahmed Mohammed Ali erklärte, bewaffnete Islamisten hätten im Morgengrauen versucht, das Hauptquartier der Republikanischen Garde zu stürmen. Dabei hätten sie scharf geschossen und Brandsätze auf eine nahe gelegene Moschee und umliegende Häuserdächer geworfen.
«Ich stand in der letzten Reihe. Sie haben von links und von rechts geschossen», sagte Nasha Mohammed, ein Demonstrant, der aus dem Süden des Landes nach Kairo gekommen war. Eine Augenzeugin berichtete der Nachrichtenagentur AP, Polizisten und Soldaten seien zunächst mit Tränengas gegen die Demonstranten vorgegangen. Dann habe sie die ersten Schüsse gehört, und die Sicherheitskräfte hätten sich erst einmal zurückgezogen. Sie habe Mursi-Anhänger gesehen, die von Dächern auf die Soldaten schossen, sagte die 21-jährige Studentin Mirna al-Helbawi.
Mehrere Gruppen forderten umgehende Ermittlungen zu dem Gewaltausbruch. Um ein tieferes Versinken Ägyptens in Gewalt und Chaos zu verhindern, schlug derweil die Al-Noor-Partei laut einem Fernsehbericht vor, ein Referendum über Mursis Zukunft abzuhalten.
sda/AP/AFP/mrs/fko/chk
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