Massaker in Syrien – Schweiz will Den Haag einschalten
Nach einem weiteren Massaker an der syrischen Bevölkerung und dem Angriff auf UNO-Beobachter ist die Empörung über Assads Regime gross. Laut Ban wurden die Beobachter gar mit schweren Waffen beschossen.

Berichte über ein neues Massaker in Syrien mit mindestens 78 Toten haben am Donnerstag Entsetzen ausgelöst. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einer «unbeschreiblichen und widerwärtigen Barbarei». Staatschef Bashar al-Assad habe «jede Legitimität verloren». Zugleich forderte Ban die Regierung in Damaskus auf, den Friedensplan des Syrien-Gesandten Kofi Annan umzusetzen.
UNO-Beobachter, die im Dorf Al-Kobeir die Berichte über ein Massaker mit mindestens 78 Toten in Al-Kobeir und Maasaraf überprüfen wollten, wurden mit Handfeuerwaffen beschossen, wie Ban vor der UNO-Vollversammlung in New York weiter sagte. Nach inoffiziellen Angaben von Diplomaten hat Ban Ki-moon der syrischen Armee gar vorgeworfen, schwere Waffen gegen die UN-Beobachter in dem arabischen Land einzusetzen. Mit dieser Abschreckungsmassnahme versuche die Regierung von Präsident Bashar al-Assad, die unbewaffneten Beobachter aus bestimmten Gegenden des Landes zu vertreiben. Auf Fahrzeuge der Beobachter sei mit panzerbrechender Munition gefeuert worden. Zudem setze das syrische Militär Drohnen ein, um die Beobachtermission zu überwachen.
Verletzt wurde dabei niemand. Nach Angaben einer UNO-Sprecherin wollen die Beobachter am Freitag einen neuen Versuch starten, nach Al-Kobeir zu kommen.
Annan: Plan wurde nicht umgesetzt
Annan verurteilte in seiner Rede vor der UNO-Generalversammlung das Massaker. Er räumte ein, sein Sechs-Punkte-Plan gehe nicht auf. «Ich muss es so frei und deutlich sagen: Der Sechs-Punkte-Plan wurde nicht umgesetzt», sagte der Sondergesandte. Er appellierte, «keine Massentötungen zu erlauben, die in Syrien zum Alltag geworden sind». Die Staatengemeinschaft müsse schnell handeln. Allerdings würden einseitige Aktionen oder ein militärischer Einmarsch das Problem nicht lösen.
Annan warnte vor einem «offenen Bürgerkrieg» und fügte an: «Alle Seiten müssen die Gewalt einstellen, aber die grösste Verantwortung liegt bei der Regierung.» Mit Syrien befasste sich hinter verschlossenen Türen auch der UNO-Sicherheitsrat.
Teile der syrischen Opposition fordern inzwischen ein Eingreifen nach Kapitel 7 der UNO-Charta. Dieses regelt militärische und nicht- militärische Mittel, sollte der Sicherheitsrat feststellen, dass ein Konflikt Weltfrieden und internationale Sicherheit bedroht.
Dass der Rat eine solche Feststellung trifft, ist unwahrscheinlich. Russland und China wehren sich gegen Sanktionen gegen das Regime oder ein militärisches Eingreifen. Die beiden Vetomächte bekräftigten, weiter auf Dialog zu setzen. So sagte der russische Aussenminister Sergej Lawrow, es werde «garantiert» kein UNO-Mandat für einen Militäreinsatz geben.
Schweiz fordert juristische Verfolgung
Die Schweiz hat erneut die Verletzung des Völkerrechts in Syrien verurteilt, bei dem vor allem Zivilisten die Opfer sind. Bei einer informellen Anhörung der UNO-Vollversammlung rief der Schweizer Vertreter bei der UNO, Paul Seger, die Konfliktparteien zu einem sofortigen Ende der Gewalt auf.
Seger verlangte eine Untersuchung aller Verletzungen des Völkerrechtes. Die Schweiz verlange von Syrien, dass die vom UNO-Menschenrechtsrates beauftragte Untersuchungskommission die Arbeit abschliessen kann. Die Schweiz ruft den Sicherheitsrat auf, den Internationalen Strafgerichtshof einzuschalten. Dieser sei die geeignet Instanz, um die mutmasslichen Urheber der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Kriegsverbrechen zu verfolgen.
Russland: Lösung wie im Jemen
Allerdings signalisierte Russland zugleich seine Zustimmung zu einer Lösung wie im Jemen. Die Syrer müssten dies aber selbst wollen, sagte Vize-Aussenminister Michail Bogdanow der Nachrichtenagentur Interfax.
Es war US-Präsident Barack Obama, das als Modell für Syrien die Entwicklung im Jemen ins Gespräch gebracht hatte. Dort hatte Präsident Ali Abdullah Saleh nach Massenprotesten und starkem Druck durch Saudiarabien die Macht an eine Übergangsregierung abgegeben. Die USA wollen ihren Syrien-Gesandten nach Moskau entsenden, um Russland für eine solche Machtübergabe zu gewinnen, wie US- Aussenministerin Hillary Clinton sagte.
Dem Annan-Plan werden kaum noch Chancen auf Erfolg eingeräumt. Die Rebellen haben ihre Zusagen mittlerweile zurückgezogen und fordern mehr Waffen. Als Reaktion auf das neue Massaker rief der Syrische Nationalrat zudem die Freie Syrische Armee zu einer Verschärfung ihrer Angriffe auf.
Dutzende erschossen und erstochen
Die Schilderungen des Massakers von Al-Kobeir von Aktivisten, der Syrische Beobachterstelle für Menschenrechte in London sowie eines Augenzeugen ähneln denen von vor knapp zwei Wochen, als in Hula 108 Zivilisten ermordet worden waren.
Demnach wurden die kleinen Dörfer in der Provinz Hama zunächst beschossen. Dann seien Kämpfer eingedrungen und hätten Dutzende erschossen und erstochen. Die Beobachterstelle beschuldigte die Schabiha-Miliz, die auch schon in Hula gemordet haben sollen.
Syrien bestreitet Berichte
Die syrische Nachrichtenagentur SANA beschuldigte eine «terroristische Gruppe». Das Staatsfernsehen erklärte, das «Verbrechen» sei bewusst vor der Sitzung des UNO-Sicherheitsrates begangen worden.
UNO-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay sieht in Syrien den Tatbestand für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllt, wie ihr Vize Ivan Simonovic vor der Vollversammlung sagte.
AFP/sda/dapd/kpn/wid
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