
Gerne sähe man ins Innere dieses markigen Kopfes, hinter die Fassade dieses Gesichts, auf dem so viele Jahre ein unbedingter Aufstiegswille und die Zuversicht des vom Glück Verfolgten ablesbar schienen. Gerne würde man nachvollziehen, warum sich Pierre Maudet, bis zu diesem Donnerstag Genfer Regierungspräsident, von einem arabischen Potentaten allerlei Urlaubs-Annehmlichkeiten in Abu Dhabi bezahlen liess. Warum er der Öffentlichkeit darüber wiederholt und bewusst die Unwahrheit erzählte. Und was ihn jetzt dazu bewegt, an seinem Amt als Mitglied der Genfer Kantonsregierung festzuhalten – selbst jetzt, wo er das Präsidium und die allermeisten seiner Dossiers abgeben muss.
Ist es tatsächlich der Glaube, das eigene Verschulden wiege nicht so schwer, dass sich ein Rücktritt aufdrängte? Oder ist es die pure Angst, nach der Aufgabe seines wohlentlöhnten Mandats ohne gesichertes Einkommen dazustehen?
Rücktrittsforderungen an Magistraten können etwas Wohlfeiles an sich haben. Es ist beliebt, Exekutivpolitiker nach Stolperern und politischen Fehlern dazu aufzufordern, «Verantwortung zu übernehmen» – insbesondere bei Gegnern mit strategischem Kalkül.
Fakt ist aber auch: Anders als normale Angestellte können vom Volk gewählte Mandatsträger nicht einfach entlassen werden. Dieses Privileg meint zugleich Verantwortung. Es gibt Dinge, die kein Regierungsrat oder Firmenchef seinen Untergebenen durchgehen liesse. Die entsprechenden Ansprüche sollte er an sich selber stellen.
Die Genfer Staatsanwaltschaft verdächtigt Pierre Maudet der Vorteilsannahme und will ihn als Beschuldigten anhören. Er selber hat Lügen zugegeben. Alleine die bisher bekannten und unbestrittenen Teile der Affäre reichen über die Dimensionen einer Bagatelle weit hinaus. Selbst Maudets Partei, die FDP, wendet sich jetzt von ihm ab.
Mit seinem Verhalten in Abu Dhabi hat Maudet das Genfer Volk erniedrigt, das ihm mehrfach sein Vertrauen schenkte. Indem er jetzt seinen unvermeidlichen Rücktritt hinaus- und in die Länge zieht, erniedrigt er auch noch sich selbst.
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Maudet zieht das Unvermeidliche in die Länge
Der gefallene Genfer Regierungspräsident ist seines Amts als Staatsrat nicht mehr würdig.