Mauerfantasien der Lega
«Wir machen die Ost-Grenze dicht»: Italiens Vizepremier Matteo Salvini erwägt eine Mauer an der Grenze zu Slowenien. Eine Provokation mehr.

«Wenn die EU die Aussengrenzen nicht schützt, müssen wir mit allen Mitteln allein die Migrationswelle stoppen», sagte Massimiliano Fedriga, Präsident der italienischen Region Friaul-Julisch Venetien, die an Slowenien grenzt. «Wir können nicht einen Polizisten für jeden Meter Grenze einsetzen», sagte Fedriga in einem Interview mit der Zeitung «Il Fatto Quotidiano». Der Lega-Politiker verweist auf die stark wachsende Zahl von Migranten, die über die Balkan-Route und Slowenien nach Italien kommen. Geschätzt wird, dass etwa 80 Migranten pro Tag über Slowenien Italien erreichen.
Die Mauer zu Slowenien wäre wegen Schengen technisch und juristisch gar nicht möglich. Die Idee ist Propaganda der Lega, eine kleine Provokation mehr. Dennoch ist eine Debatte über die Mauer in Gang gekommen, und die Lega gibt sich ernst.
Slowenien-Mauer soll 243 Kilometer lang sein
Mit seiner Idee einer Grenzmauer wandte sich der Präsident der Region Friaul-Julisch Venetien bereits an seinen mächtigen Parteifreund und Innenminister Italiens, Matteo Salvini. Der Hardliner zeigte sofort Verständnis für das Anliegen, das er offenbar zu unterstützen bereit ist. «Wir machen die Ostgrenze dicht – so wie wir die Seefahrten über das Mittelmeer um 85 Prozent reduziert haben», liess Salvini umgehend verlauten. Derzeit umtreibt ihn allerdings ein anderes Thema viel mehr: der Fall um die Kapitänin Carola Rackete, die trotz Verbots mit 40 Migranten an Bord auf Lampedusa anlegte.
Italiens Innenministerium prüft nun zusammen mit der Region Friaul-Julisch Venetien die Errichtung einer Anti-Migranten-Mauer an der Grenze zu Slowenien. Die Mauer zwischen den beiden EU-Nachbarn und Schengen-Mitgliedsländern soll 243 Kilometer lang sein. «Es wird eine Mauer oder etwas anderes sein», sagte Fedriga. «Jedenfalls müssen wir den Migrationsstrom für die Sicherheit unserer Mitbürger stoppen.»
Matteo Salvinis Aufstieg zum grössten Rechtspopulisten in Europa – ein Erklärvideo mit Redaktor Sandro Benini. Video: Tamedia
Die Lega-Pläne für eine Grenzmauer haben erwartungsgemäss Kritik und Protest ausgelöst. So zum Beispiel seitens der italienischen Senatorin Tatjana Rojc, Sprecherin der slowenischen Minderheit in Friaul. «Nachdem wir hart für den Fall der Mauern in Europa gearbeitet haben, will man jetzt wieder Barrieren aufbauen», kritisierte Rojc. Selbst bei der Regierungspartnerin der Lega, der Fünfsternbewegung (M5S), kommt die Idee einer Mauer zu Slowenien schlecht an, wie die Zeitung «La Stampa» berichtet.
Mehr Grenzkontrollen und gemischte Polizeipatrouillen
«Verrückter Blödsinn», kommentierte etwa der M5S-Abgeordnete Giuseppe Brescia. Mit Mauern könne das Migrationsproblem nicht gelöst werden, hiess es weiter. Ein Grüner rechnete vor, dass der Bau eines 243 Kilometer langen Gitternetzes entlang der Grenze zu Slowenien rund zwei Milliarden Euro kosten würde. Dieses Geld würde man sinnvoller im Gesundheits- oder Bildungswesen einsetzen. Auf die Mauerideen der Lega angesprochen, äusserte sich Ministerpräsident Giuseppe Conte dezidiert dagegen.

In der Zwischenzeit haben sich Italien und Slowenien auf zusätzliche Grenzkontrollen geeinigt. Am Montag kamen erstmals gemischte Streifen an der slowenischen Grenze zum Einsatz. So kontrollieren italienische und slowenische Polizisten zusammen die Grenze nahe Triest und Görz (Gorizia). Aber auch auf slowenischer Seite, in Koper und Nova Gorica (Neu-Görz), sind mittlerweile gemischte Polizeistreifen im Einsatz.
Die Zahl der Migranten, die über die Balkan-Route Italien erreichen, hat seit Anfang 2019 zugenommen. Im ersten Halbjahr 2019 sollen 782 Migranten allein in Triest unweit der slowenischen Grenze aufgegriffen worden sein. Das sind doppelt so viele wie im Vergleichszeitraum 2018, wie Zahlen des italienischen Innenministeriums zeigen. Vor allem in den letzten Wochen stieg die Zahl der Migranten stark an.
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