Mehr Ferienanlage als Gefängnis
Der Attentäter Anders Breivik wird seine Strafe möglicherweise in der Haftanstalt Halden südlich von Oslo verbüssen. Das modernste Hochsicherheitsgefängnis Europas ist für Kritiker ein Luxus-Knast.
Wie es sich für ein freiheitliches Land wie Norwegen gehört, gibt es dort einen liberalen Strafvollzug, der dem Gedanken der Resozialisierung verpflichtet ist. In dieser Hinsicht ist die Haftanstalt Halden, die südlich der Hauptstadt Oslo gelegen ist, ein Vorzeigegefängnis. Halden gilt als die modernste Haftanstalt Europas. Im 160 Millionen teuren Gefängnis lässt es sich angenehm leben. Die Anlage ist als Dorf konzipiert, wo die Insassen in kleinen Blockhütten leben. Die Einzelzellen sind hell und verfügen über ein eigenes Bad und einen Flachbild-Fernseher. Der Blick in die umgebende Landschaft ist nicht durch Gitter beeinträchtigt, weil die Fenster aus sicherem Glas bestehen. Umzäunt ist die Anlage von einer 1,4 Kilometer langen, sechs Meter hohen Mauer.
In Halden können sich die Insassen in Lernstudios aus- und weiterbilden lassen, oder sie gehen in Werkstätten einer Arbeit nach. In der Freizeit bieten sich zum Beispiel Sport und Musik an. Es gibt Übungsräume für Bands und sogar ein eigenes Tonstudio. Sportinteressierte können Fitnessräume oder die Turnhalle mit Kletterwand besuchen oder auf den Fussballplatz. Auf dem 30 Hektaren grossen Gelände gibt es sogar Ferienhäuser, in denen die Häftlinge mit Familienangehörigen Zeit verbringen können. Die Besucherräume sind mit Spielecken und Übernachtungsmöglichkeiten ausgestattet. Schliesslich fehlen auch mit Kunst ausstaffierte Freiräume nicht.
Bessere Lebensqualität als in Pflege- und Altersheimen
Der humane Strafvollzug in der Haftanstalt Halden stösst nicht nur auf Lob, sondern auch auf Kritik. Die Rede ist von einem Luxus-Gefängnis – was von den Verantwortlichen der Haftanstalt bestritten wird. Die Kritik kommt vor allem aus Kreisen der rechtspopulistischen Fortschrittspartei (FrP), der der Attentäter von Oslo ein paar Jahre angehört hatte. Die Lebensqualität im Gefängnis Halden sei besser als in vielen Pflege- und Altersheimen Norwegens, wird weiter von rechter Seite moniert.
Das norwegische Justizministerium stellt sich auf den Standpunkt, dass Gefängnisse nicht ungemütlich zu sein brauchen. Die Strafe sei, dass man nicht rauskomme. Drinnen gehe es darum, sich auf ein besseres Leben nach der Haftentlassung vorzubereiten. Das Leben im Gefängnis soll möglichst nahe am normalen Alltag sein. «Wir möchten die Insassen, die in schlechter Verfassung kommen, aufbauen», heisst es auf der Webseite der Haftanstalt Halden, «ihnen Selbstvertrauen geben durch Ausbildung und Arbeit, so dass sie dieses Gefängnis als bessere Menschen verlassen.»
Trotzdem ein hochmodernes Hochsicherheitsgefängnis
Obwohl es nicht so scheint, ist Halden ein Hochsicherheitsgefängnis, das mit modernsten Überwachungstechniken ausgestattet ist. Das im Frühling 2010 eröffnete Gefängnis nimmt Schwer- und Schwerstkriminelle auf und bietet Platz für 252 Insassen. Gemäss Medienberichten wird Anders Breivik, der am Freitag fast 80 Menschen tötete, möglicherweise im Gefängnis Halden untergebracht – sofern er nicht für immer in einer psychiatrischen Anstalt eingeschlossen wird.
Angeklagt werden soll der 32-jährige Attentäter wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und nicht wegen Mordes. Bei einem Schuldspruch drohen ihm 30 Jahre Gefängnis in Norwegen, nicht nur die Maximalstrafe von 21 Jahren für Mord. In den nächsten Wochen wird ein Psychiater die Zurechnungsfähigkeit Breiviks untersuchen.
Nach dem Massenmord von Breivik zweifeln viele Norweger an ihrem liberalen Strafsystem, wie «Spiegel online» berichtete. Breivik soll nicht in einem hotelähnlichen Gefängnis seine Strafe verbüssen, sondern härter bestraft werden.
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