Mehr Macht für Zürcher Gymi-Rektoren
Nach den Rücktritten von mehreren Mittelschulrektoren will Bildungsdirektorin Silvia Steiner die Amtszeitbeschränkung aufheben.

«Die Beschränkung der Amtszeit für die Rektoren tut unseren Mittelschulen nicht gut», dies sagt nicht irgendwer, sondern die Chefin in der Bildungsdirektion, Silvia Steiner (CVP). Sie reagiert damit auf die teils unfreiwilligen Rücktritte von Rektoren in Zürcher Gymnasien. Besonders aktuell ist diese Situation in zwei Mittelschulen links der Limmat: In der Kantonsschule Enge tritt Rektor Christoph Wittmer Ende Februar 2018 zurück, und in der Kantonsschule Freudenberg auf dem gleichen Areal geht Rektor Niklaus Schatzmann, und zwar schon diesen Sommer.
Die beiden waren massgeblich am neuen, modernen Kommunikationskonzept der Zürcher Mittelschulen beteiligt und gaben ihnen über mehrere Jahre in der Öffentlichkeit ein Gesicht. Später haben sie als Rektoren ihre Schulen vorangebracht. Wittmer hat zum Beispiel 2004 – damals noch als Prorektor – mit dem Kollegium ein Austauschprogramm mit Highschools in San Francisco aufgebaut. Es ist bis heute ein Markenzeichen der Kantonsschule Enge.
Drüben in der Kanti Freudenberg hat Schatzmann den zweisprachigen Maturitätslehrgang Deutsch/Französisch mit Austausch in die Romandie begründet – ein sehr erfolgreiches Angebot, das unterdessen von 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler genutzt wird.
Wittmer und Schatzmann wären mit 52 und 48 Jahren im besten Rektorenalter, dennoch sind ihre Tage an der Spitze ihrer Schulen gezählt. Gemäss Mittelschulgesetz darf im Kanton Zürich kein Rektor länger als 12 Jahren im Amt bleiben. Bei Wittmer ist die Altersguillotine zwar noch nicht ganz so nah. Bei Schatzmann wären die 12 Jahre hingegen schon 2019 erreicht. Deshalb bestätigt er: «Ja, ich musste mich umschauen, da meine Rektorenzeit langsam abläuft.» Schatzmann hat sich erfolgreich umgeschaut, im Herbst wird er neuer Chef im Mittelschul- und Berufsbildungsamt und bleibt so Bildungsdirektorin Steiner und dem Kanton erhalten. Dieser Jobwechsel sei für ihn ein Glücksfall, sagt Schatzmann. Er hätte aber auch gerne als Rektor im Gymi Freudenberg noch weitergemacht: «Ich fühle mich im Job inzwischen richtig sattelfest und bin überhaupt nicht ausgebrannt.»
Christoph Wittmer hätte zwar noch eine vierjährige Amtszeit anhängen und sich eine Zukunft auch als Lehrer an seiner Schule gut vorstellen können. Doch im Lyceum in Zuoz wird der Rektorenposten frei. Nach 25 Jahren auf dem Bildungsplatz Zürich und 14 Jahren in der Schulleitung hat er diese Chance gepackt. Er freue sich auf eine neue Erfahrung in der internationalen Bildung. Denn ein Teil der rund 300 Schüler im Lyceum kommt aus aller Welt und lebt in Zuoz im Internat.
Schwierige Rückkehr ins Team
In den letzten Jahren haben im Kanton Zürich diverse Mittelschulrektoren ihre 12-jährige Amtszeit erfüllt: Peter Ritzmann in der Kantonsschule Küsnacht, Cornel Jacquemart in der Kantonsschule Büelrain in Winterthur und auch Christoph Baumgartner im Literargymnasium Rämibühl. Alle drei galten als engagiert und sind teils auch mangels Alternativen wieder als Lehrer an ihren Schulen tätig. Nicht allen ist die Rückkehr in den Lehrerjob leichtgefallen. So hat Englischlehrer Baumgartner in der «NZZ am Sonntag» gesagt: «Sozusagen über Nacht ein 100-Prozent-Pensum zu übernehmen, scheint mir problematisch, nachdem man die Entwicklungen im eigenen Fach meist nur oberflächlich mitbekommen hat.»
Cornel Jacquemart unterrichtet im Gymi Büelrain seit zwei Jahren wieder «Wirtschaft und Recht». Der 61-jährige bezeichnet sich als «Junglehrer mit dem falschen Jahrgang». Er habe zwar das Glück, in einer sehr hilfsbereiten Fachschaft zu arbeiten. Doch der Aufwand, nach so vielen Rektoratsjahren wieder in den Lehrerberuf zurückzukehren, sei nicht zu unterschätzen.
Nach sieben Jahren freiwillig zurückgetreten ist 2016 Jakob Hauser an der Kantonsschule in Bülach. «Rektor ist ein Verschleissjob», sagt er. Sein Rücktritt sei darum wohlüberlegt gewesen. Heute arbeitet der 64-Jährige wieder als Geschichtslehrer an der Schule.
Um Rücktritte von fähigen Führungspersönlichkeiten zu verhindern, will Bildungsdirektorin Steiner die Amtszeitbeschränkung aufheben lassen. Zuständig dafür ist der Kantonsrat, und der hat die Amtszeitbeschränkung erst im Jahr 1999 mit 102 zu 40 Stimmen ins Gesetz geschrieben, als Paragraf gegen Sesselkleberei und übermässige Machtanhäufung. Damals gab es in den Zürcher Mittelschulen Rektoren, die teils über 30 Jahre im Amt waren und talentierten Jungen vor der Sonne standen.
Steiner ist nicht die erste Bildungsdirektorin, die keine Freude an der Amtszeitbeschränkung hat. 2007 scheiterte Regine Aeppli (SP), den Paragrafen wieder aus dem Gesetz zu kippen – und nicht nur das. Damals wurde auch eine maximal 12-jährige Amtszeit für Rektoren in Berufsfachschulen eingeführt.
Unter den Mittelschulrektoren sind die Meinungen geteilt. Für Jakob Hauser und Niklaus Schatzmann ist der starre Automatismus unglücklich. «Für mich ist das eine Überregulierung», sagt Hauser, auch wenn er der Meinung ist, dass Blutauffrischung im Rektorat einer Schule grundsätzlich guttue. Das findet auch Schatzmann. Dennoch sei nicht bei jedem Rektor, bei jeder Rektorin nach exakt 12 Jahren «der Pfupf» draussen. Für Schatzmann wäre es an den Schulkommissionen, einen Rektor bei Bedarf nicht mehr zu wählen. Mittelschulrektoren müssen in Zürich jeweils nach vier Jahren wiedergewählt werden.
Etwas anders sieht es Christoph Wittmer, derzeit auch Präsident der Schulleiterkonferenz, des Gremiums aller Zürcher Gymirektoren. Die Amtszeitbeschränkung sei zwar streng, doch sie stärke die Innovationskraft der Schulen. Zudem könne sich jeder oder jede, welche diesen Job annehme, auf die zeitliche Limitierung einstellen. Schliesslich sei es auch möglich, an einer anderen Schule den Posten des Rektors zu übernehmen. Dann beginnt die Amtszeit wieder von vorn. Gerade jetzt, da in Uetikon und im Bezirk Horgen zwei neue Mittelschulen geplant werden, ist diese Chance grösser als gewöhnlich.
Berufsschulen kommen zuerst
Bis die Amtszeitbeschränkung fällt, könnte noch einige Zeit verstreichen. Zuerst würde sie zudem für die Rektoren der knapp 30 Berufs- und Berufsfachschulen fallen. Denn in einem neuen Gesetzesentwurf, der demnächst in den Kantonsrat kommt, ist keine Amtszeitbeschränkung mehr vorgesehen. Damit würde der Entscheid von 2007 bereits wieder gekippt. Anfang Juni wird die Bildungsdirektion die Vernehmlassungsantworten ausgewertet haben. «Sollte die Streichung von einer Mehrheit befürwortet werden, würden wir eine Änderung auch im Mittelschulgesetz anstreben», sagt Yvonne Leibundgut, Sprecherin der Bildungsdirektion.
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