Jugendliche im Corona-Jahr 2020Mehr Urteile wegen Gewalt – weniger wegen Drogen
Letztes Jahr wurden 20'611 Jugendliche verurteilt. Bei den Straftaten fällt auf: Die Urteile wegen Drogendelikten sanken im Vergleich zum Vorjahr um fast 20 Prozent.

Die Urteile gegen Jugendliche wegen Gewalttaten haben 2020 gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent zugenommen. Urteile wegen einer Straftat des Strafgesetzbuchs stiegen um 10 Prozent. Die Urteile wegen Drogendelikten sanken dagegen um 18 Prozent.
Insgesamt stieg die Zahl der Verurteilungen von Jugendlichen um 10 Prozent auf 20'611, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Montag mitteilte. Die neue Statistik umfasst erstmals alle Urteile nach Jugendstrafrecht.
Mit 7944 ergingen die meisten Urteile gegen Jugendliche 2020 wegen einer Straftat gemäss dem Strafgesetzbuch. Bei den Gewaltstraftaten gab es gegenüber 2019 einen Anstieg um 23 Prozent. Besonders stark stiegen die Urteile wegen Raufhandels – sie verdoppelten sich beinahe. Markante Anstiege verzeichneten die Verurteilungen wegen schwerer Körperverletzung mit 35, Angriffen mit 36 und Raub mit 58 Prozent.
Auch die Zahl der Sexualstraftaten wuchs um 20 Prozent. Weniger deutlich fiel der Anstieg der Vermögensstraftaten mit 12 Prozent aus.
Rückgang bei Betäubungsmitteln
Auf dem zweiten Rang im Strafkatalog der Jugendlichen folgten 4825 Urteile wegen Betäubungsmittelkonsum. Sie sanken allerdings um 18 Prozent. Hinzu kamen Straftaten gegen das Strassenverkehrsgesetz (3829) und das Transportgesetz (3418). Darunter fielen häufig etwa das Werfen von Gegenständen aus Fahrzeugen, das Blockieren einer Zugtüre zum Verzögern der Abfahrt oder die unbefugte Benutzung eines Wartsaals.
Das Jugendstrafgesetz lässt die Verurteilung zu Freiheitsentzug oder Busse erst nach dem bei der Tat vollendeten 15. Altersjahr zu. So erhielten im vergangenen Jahr die unter 15-Jährigen in 56 Prozent der Urteile einen Verweis. 45 Prozent wurden zu einer persönlichen Leistung verknurrt und nur in 6 Prozent der Fälle erfolgte ein Freiheitsentzug.
1060 Fremdplatzierungen
1060 Jugendliche waren 2020 fremdplatziert. Neu erfasst das BSF alle Aufenthalte in einer Institution oder einer Strafanstalt. Dazu zählen Untersuchungshaft, vorsorgliche Schutzmassnahmen in offener oder geschlossener Unterbringung, im Urteil ausgesprochene Schutzmassnahmen und Freiheitsentzug.
379 von ihnen wurden in Untersuchungshaft gesetzt. Bei 409 Jugendlichen erfolgte die Fremdplatzierung aufgrund einer während der Strafuntersuchung angeordneten Schutzmassnahme und bei 271 aufgrund eines Urteils.
209 nach Jugendstrafrecht Verurteilte mussten sich einem Freiheitsentzug unterziehen. Die mittlere Dauer aller Fremdplatzierungen betrug 159 Tage. Nach Platzierungsart dauerten die in einem Urteil angeordneten Schutzmassnahmen mit 235 Tagen am längsten.
Die überwiegende Anzahl von 95 Prozent der Fälle gemäss Jugendstrafrecht wurde 2020 mit einer Strafe oder einer Massnahme geahndet. Andere gesetzlich vorgesehene Lösungswege wie Vergleich, Wiedergutmachung oder Mediation kamen weit weniger zum Tragen.
Das Amt schränkt ein, dass sich die Zahlen nur bedingt mit jenen der Vorjahre vergleichen lassen. Die Angaben der Vorjahre nämlich beschränkten sich auf die wichtigsten Gesetze. Mit der neuen Statistik ist erstmals ein vollständiger Überblick über die Jugendstraftaten möglich.
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