Meint es Nordkorea ernst?
Fachleute der Vereinten Nationen stellen fest, dass das Land weiter an Atombomben baut. Ausserdem umgeht es die international verhängten Sanktionen – oft mithilfe Russlands.

Nordkorea soll sein Atom- und Raketenprogramm nicht eingestellt haben. Zu diesem Schluss kommen Fachleute der Vereinten Nationen in ihrem halbjährlichen, ursprünglich geheimen Bericht für das UNO-Sanktionskomitee, der jedoch inzwischen in New York kursiert. Satellitenfotos stützen diese Auffassung.
Die «Washington Post» hatte erst Anfang vergangener Woche mit Bezug auf Geheimdienstkreise berichtet, dass nordkoreanische Wissenschaftler sehr wahrscheinlich an ein oder zwei Interkontinentalraketen in Sanumdong, einem Vorort von Pyongyang, arbeiteten. Bei seinem Gipfel mit US-Präsident Donald Trump im Juni in Singapur hatte der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un seine Bereitschaft zu einer «umfassenden» atomaren Abrüstung bekräftigt. Es gab aber keine konkreten Zusagen, wie und bis wann abgerüstet werden soll.
Illegale Lieferungen
Laut UNO-Bericht soll sich Nordkorea auch weiterhin den Resolutionen des Sicherheitsrates widersetzt haben, illegale Öllieferungen von Schiff zu Schiff sowie Kohletransporte auf hoher See hätten in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Dabei hatte der Sicherheitsrat im vergangenen September eine Resolution verabschiedet, die den Mitgliedsstaaten den Handel mit Nordkorea von Schiff zu Schiff verbietet. Die Verstösse machten die Sanktionen «unwirksam», die im vergangenen Jahr verhängte Obergrenze von maximal 500'000 Fässern Öl und Treibstoff werde demnach nicht eingehalten.
Auch der eigentlich sanktionierte Handel mit Kohle und Eisen floriere weiterhin, das Regime verdiene damit Millionen. Nordkorea habe zudem versucht, Kleinwaffen und andere Rüstungsgüter nach Libyen, in den Jemen und in den Sudan zu liefern. Die Finanzsanktionen gehören dem Bericht zufolge zu den «am schwächsten umgesetzten» und von Nordkorea «am aktivsten umgangenen» Strafmassnahmen.
Nordkoreanische Diplomaten hätten dabei eine wesentliche Rolle gespielt, indem sie zahlreiche Bankkonten im Ausland einrichteten. Erst am Freitag kündigte das US-Finanzministerium Sanktionen gegen eine russische Bank an, sie soll dabei geholfen haben, Geld für ein nordkoreanisches Institut zu transferieren. US-Aussenminister Mike Pompeo forderte daher Russland und andere Staaten auf, die internationalen Sanktionen gegen Nordkorea zu achten. Dies sei notwendig, um Nordkoreas «endgültige, vollständig überprüfte Denuklearisierung» zustande zu bringen.
Visa für Russland
«Wir haben Berichte gesehen, dass Russland Gemeinschaftsunternehmen mit nordkoreanischen Firmen erlaubt und nordkoreanischen Gastarbeitern neue Arbeitserlaubnis erteilt», sagte Pompeo. «Dies ist ein ernstes Problem, das wir mit Moskau diskutieren werden.» Russische Behörden hatten trotz der Sanktionen Tausenden Nordkoreanern Visa erteilt, um auf dem Bau oder als Holzfäller zu arbeiten. Den Grossteil des Geldes müssen die Arbeiter an das Regime abführen.
Beim Regionalforum des südostasiatischen Staatenverbands Asean in Singapur traf Pompeo am Samstag mit seinem nordkoreanischen Amtskollegen Ri Yong-ho zusammen. «Wir hatten einen kurzen, höflichen Austausch», schrieb Pompeo anschliessend beim Kurznachrichtendienst Twitter. Die US-Delegation übergab der nordkoreanischen Seite auch einen Brief von Trump an Kim. Zuvor hatte Trump nach Angaben des Weissen Hauses Post von Kim erhalten. Zum Inhalt des Briefs aus Pyongyang äusserte sich Trumps Sprecherin Sarah Sanders nicht. Die «anhaltende Korrespondenz» zwischen dem US-Präsidenten und Kim knüpfe an das Gipfeltreffen der beiden vom Juni in Singapur an und ziele darauf ab, die dort gemachten Zusagen voranzutreiben.
Kritik an Washington
Deutlicher fielen die Reaktionen des nordkoreanischen Aussenministers aus. Ri Yong-ho sagte, sein Land sei «fest entschlossen», das im Juni unterzeichnete Abkommen zur atomaren Abrüstung Nordkoreas umzusetzen. Daher sei Pompeos Sanktionsforderung «alarmierend». Mit dieser Haltung würden die Vereinigten Staaten zum «Alten zurückkehren» – weit entfernt von den Absichten ihrer eigenen Führung, kritisierte Ri. Pyongyang habe seit der Vereinbarung vom Juni zur «Denuklearisierung» Koreas Massnahmen zur Vertrauensbildung ergriffen.
Dazu gehöre der Stopp von Atom- und Raketentests ebenso wie die «Zerstörung eines atomaren Testgeländes». Auf den jüngsten UNO-Bericht ging Ri jedoch nicht ein, sondern fuhr in seiner Kritik fort: Anstatt positiv darauf zu reagieren, erhebe Washington seine Stimme und fordere die Beibehaltung der Strafmassnahmen. Als «äusserst unangebracht» bezeichnete Ri die Aufforderung aus Washington an andere Staaten, im September keine ranghohen Delegationen zu den Feierlichkeiten aus Anlass des 70. Jahrestags der Staatsgründung nach Pyongyang zu entsenden.
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