
Im Gegensatz zu ihrem Mann drängt Melania Trump nicht gerade ins Rampenlicht. Am Mittwoch zeigte sich die eher zurückhaltende First Lady aber wieder einmal in der Öffentlichkeit. Sie sprach an einer Universität zu einem wirklich ernsten Problem: Die Opioid-Krise, die das Land seit Jahren im Griff hält.
Wenn jedes Jahrzehnt sein spezifisches Drogenproblem hat, dann standen in der letzten Dekade in den USA verschreibungspflichtige Opioide an vorderster Front. Hunderttausende sind abhängig, die Todesraten aufgrund der Schmerzmittel sind in den letzten Jahren explodiert. Melania Trump tat ihr Bestes, den Studenten gut zuzureden. Sie sprach von der neu gewonnenen Freiheit, die man als junge Erwachsene erfahre – und natürlich von der Gefahr durch Drogen. Sie warnte davor, wie schnell sich bei unsachgemässem Gebrauch auch eine Sucht nach Medikamenten entwickeln kann, die der Arzt verschreibt. Sie sprach davon, dass Sucht eine Krankheit sei und nicht nur die Süchtigen selbst, sondern auch deren Angehörige betreffe.
Es ist erfreulich, wenn auch das Weisse Haus Abhängigkeit nicht mehr als individuellen Charakterfehler einschätzt. Und trotzdem wirken diese Versuche, das Drogenproblem als Jugendproblem anzugehen, so naiv wie die 80er-Jahre-Kampagne der damaligen Präsidentengattin Nancy Reagan: «Sag Nein zu Drogen.» Die Kampagne blieb bestenfalls wirkungslos, weil sie am selben Problem krankte, wie Melanias Appell: Drogen-Epidemien sind nie nur das Problem individueller Fehlentscheide. Und sie lassen sich kaum lösen, wenn man nur auf der Konsumentenseite ansetzt.
Es ist nötig, dass der Staat die sorglose Verschreibungspraxis unter die Lupe nimmt.
Will man Drogen-Epidemien bekämpfen, muss man das Problem genau analysieren und systematisch angehen: Wer produziert? Wie wird es vertrieben? Wie kommt es an die Konsumenten, und welche Handhabe gibt es? Wollte man das Problem bekämpfen, müsste es als Erstes heissen: Sag Nein zur skrupellosen Geldmacherei der Pharma mit Opioiden. Doch davon scheint man in den USA nach wie vor weit entfernt.
Das ist umso bedauerlicher, als die Opioid-Krise in den USA industriegefertigt ist. Es lässt sich ziemlich genau nachzeichnen, wie Pharmafirmen ab 2000 die Verschreibung von Schmerzmitteln auf Opioid-Basis forcierten. Wie sie behaupteten, die Suchtgefahr sei sehr klein, wenn Opioide nur in der Schmerztherapie eingesetzt würden. Wie Ärzte sie dabei unterstützten. Wie Big Pharma mit viel Geld dafür sorgte, dass sich Widerstand gegen diese Doktrin nicht durchsetzen konnte.
Gerade an der Opioid-Krise lässt sich auch ablesen, wie komplex die Themen Sucht und Drogen sind. Und welche mächtigen wirtschaftlichen Interessen dahinterstehen. Dies ist auch der Grund, warum der Krieg gegen die Drogen nie gewonnen werden kann und warum es weltweit immer mehr Bestrebungen gibt, sie gesamthaft zu entkriminalisieren. Dies kann aber nur funktionieren, wenn Herstellung, Vertrieb und Handel schärfer kontrolliert und allenfalls verfolgt werden.
Diese Haltung sollte sich aber nicht auf illegale Drogen beschränken, im Gegenteil. Im Fall der Opioid-Krise ist es nötig, dass der Staat die sorglose Verschreibungspraxis unter die Lupe nimmt. Und die Akteure gegebenenfalls zur Verantwortung zieht.
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Melania Trumps naiver Aufruf gegen Drogen
First Lady Melania Trump warnt Studenten vor Medikamentensucht – doch so lässt sich die Opioid-Krise nicht lösen.