Familienpolitik in ItalienMeloni-Regierung schränkt LGBT-Rechte ein
Eltern gleichen Geschlechts dürfen in Italien nicht mehr beide amtlich eingetragen werden. Auch gegen die Leihmutterschaft spricht sich die Familienministerin in drastischen Worten aus.

Eugenia Roccella kannte kein Pardon. Immer wieder beharrte die italienische Politikerin in der Fernsehrunde auf dem, was sie als richtig für das Wohl der Kinder ausgemacht hat: geordnete Familienverhältnisse mit Vater und Mutter, und lieber weniger als mehr Rechte für homosexuelle Paare. Dabei ist Roccella in der Regierung von Giorgia Meloni die Ministerin für Familie, Geburten und Chancengleichheit. Mit Letzterem aber soll es dann ein Ende haben, wenn es um Kinder in homosexuellen Partnerschaften geht. Zwei Frauen oder zwei Männer können sich nicht mehr so einfach als Eltern Neugeborener registrieren lassen wie bisher.
Vor allem aber die Leihmutterschaft erregt bei der Ministerin Anstoss. Hier gebe es «einen Markt für Kinder», wetterte sie, bei dem es um Zehntausende Euro gehe. «Das ist die Versklavung des weiblichen Körpers.» So heftig ging es zur Sache, dass der TV-Moderatorin am Ende ein Schimpfwort rausrutschte – wofür sie sich sofort entschuldigte.
Entgleisungen der Fratelli d’Italia
In letzter Zeit waren Ministerinnen und Minister der Regierung Meloni häufiger durch extrem kontroverse Bemerkungen aufgefallen, etwa der Innenminister mit despektierlichen Worten über die Opfer der Bootskatastrophe im Mittelmeer. Damit niemand denken möge, die Familienministerin sei diesmal allein unterwegs, sprangen ihr Regierungspolitiker zur Seite. Völlig entgleiste Federico Mollicone, Präsident der Kulturkommission im italienischen Abgeordnetenhaus, der im Zusammenhang mit der Leihmutterschaft von einem «schweren Verbrechen» sprach, «schlimmer als Pädophilie». Beide Politiker sind Mitglieder von Melonis Fratelli d’Italia.
Für manchen Beobachter hatte es zuletzt so ausgesehen, als ob Meloni nach dem Prinzip regiere: Bei den Funktionären rumort es, aber die Ministerpräsidentin hält sich zuverlässig im europäischen Konvoi. So blieb sie wirtschaftspolitisch auf dem Kurs ihres hoch angesehenen, parteilosen Vorgängers Mario Draghi und auch in der Aussenpolitik steht sie fest an der Seite der Ukraine, was in ihrer Koalition durchaus umstritten ist. Wenn es aber um den Kern des Menschenbildes geht, dann bezieht Meloni weiter Stellung gegen «Gender-Ideologie» und «LGBT-Lobby», und sei es durch ein demonstratives Bild mit Kind und Partner am Vatertag.
Regenbogenfamilien sind Meloni suspekt
Da festigt sich eine politische Position, die Angegriffenen haben dafür ein feines Gespür. Tausende haben am Wochenende in Mailand unter Regenbogenfahnen dafür demonstriert, dass Kindschaftsverhältnisse in homosexuellen Partnerschaften weiterhin durch einen einfachen Verwaltungsakt anerkannt werden können. Der Regierung ist das alles suspekt, und vor allem Leihmutterschaften gelten ihr als Ausgeburt des Bösen.
In der EU gilt die Regel, dass diese, auch wenn sie national verboten sind, anerkannt werden können, wenn sie im Ausland durchgeführt worden sind. Gegen die Umsetzung einer entsprechenden EU-Verordnung hat die Regierungsmehrheit im italienischen Parlament jetzt gestimmt und sich damit bei einem symbolträchtigen Thema an die Seite der Visegrad-Staaten unter Führung von Ungarn und Polen gestellt – und gegen die Mehrheitsmeinung in der EU. Die Regierung Meloni fühlt sich damit gut, ihre Gegner sind alarmiert.
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