Migros zieht die Notbremse bei der Werbung
Jahrzehntelang stand der Detailhandelsriese für herausragende Werbung. Heute hinkt er Erzrivalin Coop hinterher. Nun steht die Migros auf die Bremse.
Eine Meldung sorgt in der Werbebranche für helle Aufregung: Die Migros, mit 350 Millionen Franken Ausgaben grösste Auftraggeberin des Landes, streicht ihr Werbebudget zusammen. Um bis zu 20 Prozent wird der Etat gekürzt, schätzen Branchenkenner. Es ist dies nicht die erste Hiobsbotschaft, die im laufenden Jahr aus dem Migros-Hochhaus am Zürcher Limmatplatz dringt. Bereits im Frühjahr hatte die Grossverteilerin sämtlichen Werbeagenturen die bestehenden Verträge aufkündigt. Und vor wenigen Tagen liess sie über die Fachpresse verlauten, bis Ende Jahr Ihre Image-Kampagnen zu einem grossen Teil auf Eis zu legen.
Die Kurskorrektur der Migros war längst fällig: «Es ist richtig, dass die Migros als grösster Werbeauftraggeber des Landes ihre Ausgabenstruktur unter die Lupe nimmt», findet etwa Jean-Etienne Aebi, einer der kreativen Köpfe hinter vielen Migros-Kampagnen in den vergangenen Jahren. Wie ihm ist auch anderen Branchenbeobachtern nicht entgangen, dass der Wildwuchs an verschiedenen Kampagnen auf den Konsumenten zuletzt nur noch beliebig wirkte.
Vermochte die Migros mit TV-Spots früher das Publikum zu begeistern, entlockt sie dem Betrachter heute allenfalls noch ein müdes Lächeln. «Der Cool-Faktor von früher ist längst verloren gegangen», registriert Werber und Marketingdozent Cary Steinmann. Er kritisiert: «Die Migros hätte tausend Argumente, um zu zeigen, wie gut sie ist. Nur kommen diese derzeit in der Werbung nicht zum Tragen».
Wofür steht die Migros eigentlich?
Doch nun soll alles anders werden: Vorläufig will der orange Riese nur noch Werbung zulassen, die sortiments- und umsatzwirksam ist, wie Urs-Peter Naef auf Anfrage erklärt. Dies könnte heissen: Mehr Preiskampf statt Volksverbundenheit. Mehr Promotionen statt klassische Werbung. Und schliesslich: Mehr Produktewerbung statt Imagewerbung.
Vor allem aber: Nach dem Wildwuchs in der Werbung will man wieder stärker auf Effizienz pochen. «Die Migros hat in den letzten Jahren ihre Werbeaktivitäten ständig ausgebaut. Das hat dazu geführt, dass wir heute zu viele Werbebotschaften vermitteln – dabei wurde verwässert, wofür die Migros eigentlich steht», räumt Naef ein.
Anschauungsunterricht erhalten die Marketingverantwortlichen der Migros bei Coop: Wie gute, wirksame Werbung im Detailhandel aussieht, macht der grösste Konkurrent derzeit vor: «Mit einem einheitlichen Auftritt und einer klaren Bildsprache ist der Basler Detailhandelskonzern derzeit deutlich besser positioniert als die Migros», urteilt Steinmann. Er ist überzeugt, dass Coop nicht zuletzt wegen seiner stringenten Werbestrategie gegenüber der Marktführerin Migros weiter Boden gut machen wird - sofern die Migros nicht bald zu einem klaren Werbekonzept zurückfindet.
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