Milchlobby streitet mit Veganern um «Cheeze»
Veganläden werben für ihre Produkte teils mit Begriffen aus der Milchwirtschaft. Dagegen geht Swissmilk nun vor – unter Androhung rechtlicher Schritte. Mit erstem Erfolg.

Veganer sind strikt gegen das Töten von Tieren. Doch auf den Geschmack von tierischen Produkten möchten sie deswegen nicht verzichten. Deshalb schätzen sie mitunter Alternativen zu traditionellem Käse, etwa fermentierte Cashewkerne. Entsprechende Produkte stehen in den Regalen von Veganläden. Doch daran stört sich Swissmilk, genauer: an der Vermarktung unter der Bezeichnung «Happy Cheeze» («Glücklicher Käse»). Gegen solche Werbung geht der Dachverband der Schweizer Milchproduzenten nun vor. Dieser Zeitung sind mehrere Fälle bekannt.
Der Laden «Fabulous! Vegan Shop Schweiz» etwa hat wegen «Happy Cheeze» unlängst Post von einer Anwaltskanzlei erhalten. Im Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, hält der Rechtsexperte im Namen von Swissmilk fest, dass der Laden auf traditionelle milchwirtschaftliche Begriffe zurückzugreife – «ohne Zweifel, um von deren Bekanntheit profitieren zu können». Doch der Begriff Käse sei eine lebensmittelrechtlich klar definierte Bezeichnung, die ausschliesslich für reine Milchprodukte reserviert sei.
Der Laden verstösst damit nach Einschätzung des Anwalts gegen das Lebensmittelrecht. Keine Rolle spiele, dass «Cheeze» mit «z» statt wie korrekterweise mit «s» geschrieben stehe. Auch gehöre «Cheese» zum englischen Grundwortschatz und werde vom Schweizer Durchschnittskonsumenten «ohne Probleme» verstanden.
Kantonschemiker würde kaum einschreiten
Doch so klar wie dargestellt ist der Fall nicht; das jedenfalls legt die Einschätzung von Martin Brunner nahe. Als Zürcher Kantonschemiker hat Brunner unter anderem die Aufgabe, die Konsumenten vor Täuschungen zu schützen. Das Gesetz schreibt zwar vor, dass sämtliche Angaben über Lebensmittel «den Tatsachen entsprechen» müssen. Doch ist es im Einzelfall nicht immer eindeutig, was eine Täuschung ist, wie Brunner klarmacht: «Es gibt im Gesetz keine klare Abgrenzung dafür.» Klärung würden deshalb oftmals nur Gerichtsurteile bringen, so Brunner. Stiesse er bei einer seiner Kontrollen auf ein «Happy Cheeze»-Produkt, würde Brunner wahrscheinlich nicht dagegen vorgehen, wie er klarmacht. Die Wahrscheinlichkeit, vor Gericht nicht recht zu erhalten, sei gross, sagt Brunner. «Und wir müssen unsere personellen Ressourcen gezielt einsetzen.» Klar sei der Fall hingegen bei gesetzlich geschützten Begriffen wie Joghurt, Butter oder Rahmfrischkäse.
Tierrechtler kommen zu einem ähnlichen Schluss. «Ob Begriffe wie ‹Cheeze› oder ‹Camembert-Alternative› denselben Schutzstatus haben wie ‹Butter›, scheint uns alles andere als klar zu sein», sagt Céline Schlegel, Sprecherin von Animal Rights Switzerland. Das Vorgehen von Swissmilk bezeichnet sie als Versuch, kleine und mittlere Unternehmen einzuschüchtern.
Swissmilk äussert sich auf Anfrage nicht zu Schlegels Vorwurf. Der Verband hält fest, er kläre die gesetzlichen Grundlagen bei der Deklaration und Auslobung von «Milchersatzprodukten». Ziel sei es, dass die gesetzlichen Grundlagen konsequent eingehalten und damit Konsumenten nicht getäuscht würden. Was Swissmilk nicht erwähnt: Die Öko-Industrie drängt mehr und mehr mit «alternativen» Milchprodukten auf den Markt und wird so zur Konkurrenz von Anbietern herkömmlicher Lebensmittel. Entsprechend hart wird um Marktanteile und Kundengunst gerungen – wie hart, zeigt das Schreiben des Anwalts. Daraus geht unmissverständlich hervor, dass Swissmilk seine Interessen notfalls auch mit rechtlichen Mittel durchzusetzen gewillt ist.
Wichtiges Urteil des EuGH
Gestützt sieht sich der Verband durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von diesem Sommer. Demnach dürfen rein pflanzliche Produkte nicht unter Bezeichnungen wie «Milch», «Butter» oder «Käse» vermarktet werden. Auslöser des Entscheids war eine Klage des Verbands Sozialer Wettbewerb gegen das Unternehmen Tofutown, das Produkte etwa unter der Bezeichnung «Soyatoo Tofubutter» vertrieben hatte. Das Gericht macht unter anderem geltend, dass für die Konsumenten eine Verwechslungsgefahr bestehe.
«Wenn ein Kunde einen veganen Fleischkäse kauft, weiss er, was ihn erwartet.»
Aus Konsumentenoptik liesse sich aber gerade umgekehrt argumentieren, findet Sunci Syz, Mitinhaberin von «Fabulous! Vegan Shop Schweiz». «Wenn ein Kunde einen veganen Fleischkäse kauft, weiss er, was ihn erwartet.» Dies umso mehr, wenn deutliche Zusätze wie «Tofu, Veggie, Soja» klarstellten, dass es sich nicht um ein tierisches Produkt handle. Wenn ein solches Produkt aber nicht mehr so bezeichnet werden dürfe, erschwere das den Kaufentscheid.
Der Intervention von Swissmilk kann Syz gleichwohl etwas Positives abgewinnen: «Die vegane Bewegung gewinnt an Einfluss und wird bereits als mögliche Bedrohung angesehen.» Im Fall von «Happy Cheeze» hat Syz eingelenkt. Über den Ladentisch gehen nur noch die Restbestände; danach ist Schluss. Allerdings gibt es weiter strittige Produkte im Angebot, etwa einen Aufstrich mit der Bezeichnung «wie Frischkäse». Syz sieht keinen Grund, dieses Produkt aus dem Sortiment zu verbannen. Es stamme aus Deutschland, wo diese Bezeichnungen unter starker Beobachtung stünden, sagt sie. Auch habe sie von Swissmilk in dieser Sache bislang noch nichts gehört.
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