Stressiger Dreh in der AdventszeitEr produziert einen queeren Weihnachtsfilm
«Fucked up» findet Drag-Queen Milky Diamond das vergangene Jahr. Damit die LGBTQ-Community trotzdem Zusammenhalt fühlt, erzählt er eine alte Story neu. Unser Türchen Nummer 19.

Das Telefonat wäre auf den Mittag geplant gewesen, doch um 6.35 Uhr schreibt Milky Diamond eine E-Mail, er sei gerade erst mit einem Dreh im Millers fertig geworden, er verschiebe Termine nur ungern, aber er müsse jetzt schlafen – endlich – und werde dann am Abend anrufen.
«Mein Kopf ist immer noch Brei», sagt Milky später. 14 Stunden hätten sie gestern gefilmt, an einem anderen Drehtag zuvor sogar 20, «heavy as fuck» sei das, aber auch wunderschön.
Spontaner Einfall
Die Idee, eine Weihnachtsgeschichte für die LGBTQ-Community zu produzieren, ist ihm und einem Freund im November gekommen, «beim Zmittag». Zuerst wollten die beiden eine queere Version der «Zäller Wiehnacht» drehen, doch das verwarfen sie schnell, kreierten dann etwas Eigenes: Tanz, Drag, Musical. Rund fünfzig Leute sind dabei, die Politikerin Tamara Funiciello, der Musiker Michael von der Heide und er, Milky Diamond, 27, der schon als Kind in Luzern Kunsthaare von Barbies frisierte, nun in Zürich wohnt und unter anderem als Drag Queen auftritt.

An Heiligabend geht der Film online. «Weihnachten mit den Verwandten ist für viele junge Queers schwierig», sagt Milky. Die meisten würden jeweils in Clubs gehen, mit der «chosen family», der sie sich nicht erklären müssen, doch all das falle wegen der Pandemie weg. Umso wichtiger sei es, an diesem Abend eine alte Geschichte neu zu erzählen – und so wenigstens ein bisschen Zugehörigkeit zu fühlen, in diesem surrealen Jahr, dass ihm wie eine schlechte Dramaserie vorkomme, wo die Nähe fehle, wo er den Menschen nicht von der Bühne aus in die Augen schauen konnte, sondern häufig nur durch die Kameralinse. Halt eben: «Fucked up.»
Der ganze Weihnachtsfilm ist nun abgedreht, jetzt müsse er ihn schneiden, sagt Milky. Von den Hoffnungen und Träumen der queeren Community handle er. Welche? – «Verrate ich nicht.» Gibt es ein Christkind? – «Jemand ist schwanger.» Einen Josef und eine Maria? – «Irgendwie schon.»
Auf der folgenden Website wird der Film am 24. Dezember gestreamt: www.community-musical.ch
Tim Wirth ist Redaktor im Ressort Zürich Leben. Er hat Kommunikation studiert und schreibt seit 2019 über Politik- und Gesellschaftsthemen. Im «Züritipp» betreut er die Sparte Musik.
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