Ministerin in tunesischem Privatjet: Alliot-Marie unter Beschuss
Wegen ihres Verhaltens in der Tunesien-Krise gerät Michèle Alliot-Marie immer stärker unter Druck. Zwei Flüge mit einem tunesischem Privatjet könnten der französischen Aussenministerin das Amt kosten.

Das Amt der Aussenministerin ist ein hartes Geschäft: viele Reisen, viele Konferenzen, viele Termine. Kein Wunder, dass im Urlaub dann Entspannung pur angesagt ist. Allerdings müssen sich auch Chefdiplomaten genau überlegen, wo und wie sie ihre Ferien verbringen, wie die französische Aussenministerin Michèle Alliot-Marie derzeit erfahren muss. Sie suchte nach Weihnachten Erholung ausgerechnet im durch Unruhen erschütterten Tunesien.
Ihren Ferienort Tabarka erreichte sie mit dem Privatflugzeug eines befreundeten tunesischen Geschäftsmannes, der dem Clan des Mitte Januar gestürzten Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali nahestand. Auch für einen Ausflug nutzte die konservative Politikerin die Maschine, in der der korrupte Ben-Ali-Clan häufig unterwegs gewesen sein soll. Dazu kam nach dem Urlaub ihr Angebot an den mit harter Hand regierenden Ben Ali, auf das Know how französischer Sicherheitskräfte beim Kampf gegen die Aufständischen zurückzugreifen. Für eine Chefdiplomatin hat Alliot-Marie, die seit Mitte November im Amt ist, sich bereits viele Schnitzer geleistet. Dabei galt die spröde 64-Jährige mit den dunklen Hosenanzügen und der stets makellosen Kurzhaarfrisur bis vor einigen Wochen als untadelig.
Ministerin seit acht Jahren
Bereits seit acht Jahren ist sie ohne Unterbrechung Ministerin, erst unter Präsident Jacques Chirac und dann unter Nicolas Sarkozy. Vor dem Aussenamt leitete MAM, wie sie nach ihren Anfangsbuchstaben kurz genannt wird, die Schlüsselressorts Justiz, Innen und Verteidigung. In jedem Ministerium verschaffte sich die Frau mit den laut Chirac «schönsten Beinen der Regierung» Respekt.
Ihre politische Karriere begann sie im französischen Baskenland, wo ihr Vater Abgeordneter und Bürgermeister der Stadt Biarritz war. Sie selbst wurde 1986 zum ersten Mal in die Nationalversammlung gewählt und war sieben Jahre später bereits Jugendministerin - damals noch im rosa Kostüm mit schulterlangen Haaren.
Bisher Skandalfrei
Fast genauso glatt und skandalfrei wie ihre politische Karriere verlief auch ihr Privatleben: Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist die geschiedene kinderlose Juristin mit dem konservativen Bürgermeister Patrick Ollier liiert, der zusammen mit ihren Eltern auch im Tunesien-Urlaub dabei war. Seit November ist Ollier als Minister für Beziehungen zum Parlament ebenfalls Kabinettsmitglied. «Das ist für mich eine grosse Freude», sagte die sonst so kühl wirkende Ministerin damals schon fast überschwänglich. Die Ernennung machte die beiden zum ersten offiziellen Ministerpaar der Regierung. Lediglich zum Heiraten fanden die beiden Politiker noch keinen Termin - zu viele Verpflichtungen auf beiden Seiten.
Ausgerechnet das ehemalige französische Protektorat Tunesien, wo das Paar schon sein Jahren Urlaub macht, brachte MAM nun in Bedrängnis. Und «die grosse Schweigsame» wie der Autor Michaël Darmon sie in der einzig autorisierten Biografie nannte, musste sich nun auf allen Kanälen rechtfertigen. Dabei beging die Ministerin, die Kommunikation nicht zu ihren Stärken zählt, weitere Fehler. «Wenn ich im Urlaub bin, bin ich nicht Aussenministerin, ich bin Michèle Alliot-Marie», sagte sie am Wochenende im Radio. Am Montag musste sie dann nach beissender Kritik der Opposition an der «Teilzeitministerin» richtigstellen: «Man ist 24 Stunden am Tag Minister, 365 Tage im Jahr».
Ihren Urlaubsort wird die 64-Jährige, deren Rücktritt die Opposition fordert, nun wohl in Frankreich wählen. «Ich denke, ich werde die Dordogne nicht verlassen, wenn das so weitergeht», kündigte MAM an.
SDA/mrs
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