Mit der Lotto-Lobby gratis im VIP-Heli über Zermatt
Mitten im Abstimmungskampf über das Geldspielgesetz liessen sich Parlamentarier durch die Alpen fliegen. Und die Korruptionsrichtlinien?

«Magnifique» sei es gewesen, schwärmt Claude Béglé im Westschweizer Radio RTS, welches herausgefunden hat, dass er vor vier Wochen gratis einen VIP-Helikopterflug zur Patrouille des Glaciers machen durfte.
Eingeladen wurde der Waadtländer CVP-Nationalrat von der Loterie Romande (LoRo), dem Westschweizer Pendant von Swisslos. Und Béglé ging nicht alleine in die Luft: Mehrere andere Parlamentarier verschiedener Parteien seien dabei gewesen, sagt Béglé, will aber keine Namen nennen. Dem Vernehmen nach flogt unter anderem auch die Genfer SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz mit.
Der Zeitpunkt des Ausflugs ist pikant, weil derzeit der Abstimmungskampf um das Geldspielgesetz in vollem Gange ist. Schon im Parlament hatten die Lotteriegesellschaften mit starkem Lobbying das neue Gesetz in ihrem Sinne beeinflusst. Und jetzt, während der Abstimmungskampagne, investiert die LoRo also weiter in die Beziehungspflege zum Parlament.
VIP-Package für 527 Franken
Was erwartet sie im Gegenzug von den eingeladenen Parlamentariern? Die LoRo sei Sponsor der Patrouille des Glaciers, dem berühmten Skitourenrennen von Zermatt nach Verbier, antwortet Danielle Perrette, Kommunikationschefin der LoRo. Indem man einflussreiche Personen dorthin einlade, könne man ihnen zeigen, wie die Lotto-Spielerträge «im Dienste der Allgemeinheit» eingesetzt würden.
Weniger zeigefreudig als gegenüber den eingeladenen Politikern zeigt sich die LoRo gegenüber der Öffentlichkeit. Wer wurde eingeladen? Kein Kommentar. Welchen Wert hat das Paket, von dem die Parlamentarier profitierten? Kein Kommentar. Die LoRo habe als Sponsor von der Patrouille eine Anzahl VIP-Pakete zur Weitergabe erhalten, sagt Perrette nur.
Laut der Website der Patrouille des Glaciers kostet ein «Verbier Access Heli VIP Package» 527 Franken, inklusive Heliflug über die Patrouille, Essen und weiteren Goodies. Doch wie Perrette bestätigt, wurde den Parlamentariern zusätzlich auch eine Übernachtung offeriert. Total dürfte der Ausflug pro Person wohl einen Wert von gegen 1000 Franken haben. Die LoRo nimmt auch zu dieser Schätzung keine Stellung.
Unabhängigkeit eingeschränkt?
Darf ein Schweizer Parlamentarier Geschenke in dieser Grössenordnung annehmen? Zu dieser Frage haben die Büros des National- und des Ständerats im Jahr 2007 Empfehlungen erlassen. Darin heisst, grundsätzlich liege es in der Selbstverantwortung jedes Parlamentariers, zu entscheiden, wann seine «Unabhängigkeit durch die Annahme von Geschenken oder anderen Vorteilen eingeschränkt wird». Eine Obergrenze in Franken legen die Büros nicht fest. Allerdings beurteilen die Büros bereits Geschenke «bis zu einem Wert von wenigen hundert Franken» als «umfangreichere Zuwendungen». In diesen Fällen, so die Empfehlungen, komme es auf die konkreten Umstände an, ob solche Geschenke unter das Korruptionsstrafrecht fielen oder nicht.
Für diese Zeitung waren am Donnerstag weder Béglé noch Amaudruz zu erreichen. Im RTS-Interview räumte Béglé ein, er sei sich bewusst, dass der VIP-Flug «nicht gerade billig» gewesen sei. Dann fügt er ungefragt hinzu, dass man eigentlich auch noch die CO2-Belastung durch den Helikopterflug berücksichtigten müsste. Alles in allem sei es aber halt schon nützlich gewesen, mit eigenen Augen zu sehen, was für sinnvolle Sachen die Loterie Romande mit ihrem Geld «im Dienste der Öffentlichkeit» mache, so Béglé.
«Werden das auch in Zukunft tun»
Für die Loterie Romande ist der VIP-Flug nach Zermatt nichts aussergewöhnliches, wie Perrette deutlich macht: «Wir machen immer wieder solche Einladungen an Entscheidungsträger und werden das auch in Zukunft tun.»
Auch zum Thema wiederkehrende Einladungen nehmen die Empfehlungen der beiden Ratsbüros Stellung: «Kommt es zu einer signifikanten Häufung der Zuwendungen von für sich betrachtet geringfügigen und sozial üblichen Vorteilen, ist die Strafbarkeit aufs Neue zu prüfen.»
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Video: Bundesrätin Sommaruga über das Geldspielgesetz
Der Bundesrat hat die Kampagne gestartet für das Geldspielgesetz, über das am 10. Juni abgestimmt wird. Quelle: SDA
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