Mit Hochdruckpistole und Hingabe
Autohygiene liegt nach wie vor im Trend. Rund ums Wochenende ist in der Stützliwösch beim Letzipark trotz Sommerferien viel Betrieb.

Auch der Regen hält sie nicht von der Hochdruckpistole fern. Normalerweise muss man hier mindestens eine halbe Stunde in der Autoschlange stehen, bis endlich eine Box frei wird – aber es ist Ferienzeit. Im abgehalfterten Familienauto, im flotten Sportwagen oder im monströsen Offroader fahren Männer an der Zürcher Hohlstrasse vor. Auch mit Velo und Töff. Die einen bevorzugen zuerst «Saugen und Blasen», wie es im Fachjargon heisst, die anderen beginnen lieber mit der Spritzarbeit.
Es ist Samstagmittag. Wir sind in der Stützliwösch beim Letzipark, nicht zu verwechseln mit Stützlisex. 365 Tage rund um die Uhr offen. Stützliwösch-Gründer Beat Meyerstein hatte 1979 den Gleichklang aus PR-Gründen bewusst gewählt, als er seine erste Stützliwösch plante. Aber die damals aufmarschierte Baukommission soll Meyerstein in Verdacht gehabt haben, die ganze Autowäscherei sei lediglich Tarnung einer Zupfstube. Dabei war es der Beginn einer Marke, die zur Goldgrube werden sollte. Allein in Altstetten werden pro Jahr rund 100'000 Autos geduscht.
Bei den Staubsaugersäulen sieht man nur die Beine der Kunden, so sehr sind sie in ihr Wageninneres vertieft. Andere kurven gleich in eine der zehn Waschboxen. Dort können sie zwischen sechs verschiedenen Programmen wählen. Vorwäsche, Hauptwäsche, Feinwäsche, Klarspülen, Wachsversiegelung und Glanzspülung. Apropos Wachs: «Vor allem bei der aktuellen Hitze ist Wachs fürs Auto wie Sonnencreme für uns, damit der Lack nicht trocken und rissig wird», sagt Janine Meyerstein, die seit 12 Jahren das Imperium ihres Vaters führt.
Sensible und andere
Es sind verschiedenste Kostgänger, die hier vorfahren. Junge, Alte, leger Gekleidete und Gestylte. Und aus den grössten Karossen steigen meist die kleinsten Männer. Eines haben aber alle gemeinsam: keine Zeit, denn eigentlich müssten sie schon wieder fort sein.
Auch dem Töff bleibt das Einschäumen mit der Bürste nicht erspart. Mit der Hochdruckpistole traktiert ihm sein Besitzer aus nächster Nähe die Eingeweide. Empfohlen wird beim Auto ein Abstand von 30 bis 50 Zentimetern. Ein anderer bearbeitet sein Velo auf die gleich unsensible Weise. Doch auch die Gschpürschmi-Front ist vertreten, hingebungsvoll und trotz Zeitmangel schäumen sie und ohne Hast Karosserie und Felgen ein, spritzen den Schaum mit Wasser ab, wachsen und bringen ihre Vehikel auf Hochglanz.
Frauen seien hinter dem Letzipark seltener anzutreffen. Diese würden lieber in die Waschstrasse fahren, meint einer, mit Wasser herumspritzen sei Männersache, sagt ein anderer. Und man wird den Verdacht nicht los, dass Autowaschen Männer glücklich macht. «Glücklicher als der Wohnungsputz», wird die einzige aufgetauchte Frau um Mitternacht sagen.
Der selbstbewusste Koch

13 UhrSalopp hantiert er mit der Hochdruckpistole ohne erkennbare Emotionen an seinem schwarzen Audi A4 herum. Hält sich an die Vorgaben: Fahrzeug gründlich rundherum absprühen, zuerst von oben, dann Seiten und Heck, am Schluss die Frontscheibe. Es muss schnell gehen. Er ist mit seinem Kollegen da und in Zeitnot. Die Emotionen gegenüber seinem Audi hat er abgelegt. Seine Liebe gehört künftig dem öffentlichen Verkehr, das Auto wird verkauft. Hauptwaschgang und Klarspülen müssen reichen, ohne Einschäumen, ohne Firlefanz.
Fürs Autowaschen gibt Cehlarik im Monat zehn Franken aus, meistens in der Stützliwösch. Aber er definiere sich nicht übers Auto, deshalb sei die Sauberkeit nicht so wichtig. In Zürich brauche er sowieso kein Auto, auch nicht für die Disco. Mädchen scheinen dem schönen Slowaken auch so zu Füssen zu liegen.
Autowaschen sei Männersache, keine Frage für den 23-jährigen Koch. Bei der Frage nach seinem Wunschauto scheint er die Ausnahme zu sein. Ferrari? Lamborghini? Jaguar? Nein. Wichtig sei nur, dass der Wagen ein zuverlässiges Transportmittel sei.
Der pragmatische Journalist

14 UhrEr arbeitet zügig voran, fegt mit der Hochdruckpistole den Dreck von den Felgen seines grauen Ford Focus. Konzentriert arbeitet sich Zeno van Essel ums Auto herum, dreht eine zusätzliche Runde, bis kein Wachs mehr aus der Pistole spritzt und das Spülwasser von der Kühlerhaube perlt.
Er sei kein Samstagwascher, komme, wenns gerade passt. Sein Gefährt reinigt er ein- bis zweimal im Monat. Er schwärmt für den klassischen Aston Martin, wie jenen von James Bond. Seine Beziehung zu seinem Ford ist eine pragmatische: «Der Wagen muss einfach zuverlässig funktionieren.»
Vielleicht putze ein Mann sein Auto lieber als die Wohnung. Ein sauberes Auto sei zwar nicht lebenswichtig, aber halt eine Art Visitenkarte. Autowaschen hält er für absolut unerotisch, «eine kräftige Bürste und ein guter Sprutz», sagt van Essel lachend, «that's it». Einmal habe ihn eine Rockband als Gag in eine ganz besondere Autowaschanlage mitgeschleppt. Dort schäumten barbusige Frauen die Windschutzscheibe ein. Das sei etwas für Autofetischisten, lacht er, «dafür habe ich definitiv den falschen Wagen».
Der akribische Sicherheitsmann

23 UhrEr ist definitiv der Typ Traumputzer. Gründlicher und sauberer geht nicht. Im Kofferraum führt er einen Plastikbehälter mit Utensilien mit. Sein Auto glänzt nach der Wäsche, als käme es aus der Fabrik. Die Felgen putzt und poliert er, als handelte es sich um ein kostbares, zerbrechliches Gut. Kurz vor Mitternacht ist er fertig mit dem Innenraum, eine Stunde hat diese Putzete gedauert. Seine Frau finde, er übertreibe es ein wenig. Sogar die Nachbarn hätten schon Sprüche gemacht, wenn sie ihn in der Tiefgarage beim Autoputz ertappten.
Auch wenn er seinen Scoda Superb gerne putze, «zuerst kommt die Wohnung». Als Vater eines acht Monate alten Mädchens habe er eine praktische Beziehung zu seinem Wagen, er müsse ja nicht mehr Eindruck schinden. Einmal in der Woche wählt er Programm 2 bis 6, plus Felgenreinigung. Dafür gibt er 20 bis 30 Franken aus. Es sei aber eine Ausnahme, dass er hier um Mitternacht aufkreuze.
Autowaschen sei keine Männersache, manchmal gehe auch seine Frau in die Waschanlage. Aber weil sie wisse, wie gerne er das mache, halte sie sich zurück und sauge nur den Innenraum.
Die autoverliebte Servicefachfrau

24 UhrSie war heute schon einmal hier, für die Nasswäsche. Nun gehts noch ans Innere ihres Range Rover. Es ist Mitternacht, vorher hatte sie keine Zeit. Aus dem Kofferraum nimmt sie die Putzmittel, dann geht es routiniert und energisch zur Sache. Ohne Hast und liebevoll, ja schon fast genüsslich setzt sie den Putzlappen ein, poliert das Dach mit einer Energie, die um diese Zeit Seltenheitswert hat. Für Nass- und Trockenwäsche braucht sie ganze zwei Stunden, das würde ihr hier keiner nachmachen. Sie ist sich sicher, dass sie nach getaner Arbeit mit dem saubersten Wagen davonfahren wird. Dennoch sagt auch sie: Männer putzen lieber ihr Auto als die Wohnung.
Ein sauberes Auto ist ihr wichtig, deshalb ist sie einmal pro Woche in der Stützliwösch anzutreffen. In ihrer Heimat würden die Menschen ihre Autos nie selber waschen, die gingen alle in die Waschanlage. Für sie ist es jedoch selbstverständlich, dass sie bei ihrem Traumauto selber Hand anlegt. «Mein Auto ist mein Leben», sagt sie, «ich habe viel dafür gearbeitet.» Aber natürlich hätte sie nichts dagegen, wenn ihr jemand einen Range Rover Velar schenken würde.
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