Mit schelmischem Funkeln in den Augen
Robbie Williams zelebrierte im Letzigrund seine Liebe zur Popmusik. Sein Konzert wirkte wie eine wunderbar launige Karaoke-Show.
Ein älterer Herr im Frack betritt die Bühne. Langsam schreitet er den Steg entlang, der Richtung Stadionmitte führt. Dabei singt er ein Lied, einen Klassiker, einen alten Schinken: «Sweet Caroline» von Neil Diamond. So, als stünde er vor ergrauten Herrschaften in einer Hotelbar in der englischen Provinz und markiere den Crooner und nicht vor rund 45'000 Besucherinnen und Besuchern im Letzigrund in Zürich.
Am Bühnenende lässt er sich auf einem Zweiersofa nieder, blickt kurz auf den Mann neben ihm und lässt diesen dann galant in den Song einsteigen: Es ist sein Sohn, Robbie Williams, 43, britischer Popstar. Gemeinsam beenden sie den Song.
Es mag seltsam klingen, aber dieses Duett war einer der Höhepunkte von Robbie Williams' Konzert am Samstagabend in Zürich. Irgendwie war der von Popsohn Robbie und Croonervater Pete gemeinsam mit dem Stadion gesungene Refrain die geglückte Rückversicherung dafür, dass hier gerade gute Zeiten verlebt werden, auf und neben der Bühne.
«Sweet Caroline, good times never seemed so good/I've been inclined, to believe they never would», heisst es dort, und wer seine Tournee «The Heavy Entertainment Show Tour» nennt, der muss auf die besten aller Zeiten hinarbeiten, auch wenn die Vorzeichen dafür nicht immer gut sind.
Andere Bewertung als reguläre Popkonzerte
Dass der Song eine alte Kamelle ist und weder Robbie noch sein Vater die allergrössten Sänger, spielte da nicht die geringste Rolle. Überhaupt müssen die Konzerte des ehemaligen Take That Mitglieds anders bewertet werden als reguläre Popkonzerte. Statt um fehlerfreies Musizieren, geht es bei ihm um Showmanship, charmante Dreistigkeiten und schwallartige Emotionen.
«Wieso kleckern, wenn man klotzen kann?» scheint seine Devise. Das Intro der Show bestand aus einer Umwandlung der englischen Nationalhymne in «God Bless Our Robbie», gefolgt von der Ankündigung durch den bekannten Boxkampf-Ansager Michael Buffer, der nicht weniger als eine Legende, eine Ikone, den «Heavy Entertainment Champion of the world» ankündigte.
Da stand einer, der jedes Pub aufmischen kann
Die Show manifestierte sich in Form von riesigen Bildprojektionen und Lichtinstallationen, dazu sechs Tänzerinnen, Stichflammen, Rauch, Laser, Konfetti und ein auf einer Hebebühne montierter, überdimensionierter Boxhandschuh, auf dem Robbie über die ersten Reihen schweben konnte. Vor allem aber manifestierte sie sich in Form von Robbie «fucking» Williams selbst, mit seiner Präsenz, seinen Anekdoten, seinen Sprüchen.
Etwa als er von seinem ersten Treffen mit George Michael erzählte. «Er war Gott für mich, ein richtiger Popstar», meinte Williams und fand dann noch genauere Worte, um seine Verehrung zu beschreiben: «Ich bin zwar nicht schwul, aber wenn er es verlangt hätte, hätte ich ihm einen geblasen.» Die anschliessende Coverversion von «Freedom '90» war danach fast Nebensache. Auch die Leistung der Band, die durchwegs grobschlächtig und ohne jede Finesse agierte. Egal: Da stand einer, der jedes Pub aufmischen kann.
Zum Beispiel mit einem einfachen Singspiel: Nach einer guten Handvoll Songs, sang er sich einfach schnell durch die Popgeschichte – «Living On A Prayer», «Rehab», «Simply The Best», «Staying Alive» – und liess das Publikum nach ein paar Takten übernehmen. Als würde man sich gemeinsam auf gute Zeiten und ewiggültige Hits einschwingen. Beides Dinge, für die der Popstar mit rund 77 Millionen verkauften Tonträgern definitiv steht.
Er sah nicht besonders gut aus an diesem Abend
Gibt es sonst noch etwas zu bemerken? Er sah nicht besonders gut aus an diesem Abend, wirkte körperlich nicht fit, auf jeden Fall älter als 43. Die Augen tränten, die Stimme fand sich erst nach und nach ein. Und als sie dann endlich sattelfest wirkte, bei der Ballade «Feel» etwa – wahrlich kein einfach zu singender Song –, hatte er sein Programm auch schon fast über die Runden gebracht. Ganze 96 Minuten stand er im Letzigrund auf der Bühne – und das bei Preisen zwischen 120 und 190 Franken.
Aber noch mal: All dies sind Dinge, die irgendwie keine Rolle spielen, wenn Robbie Williams auf der Bühne steht. Dann geht es um dieses schelmische Funkeln in den Augen und um gefühlvolle Balladen. Eine kleine Serie davon setzte er zum Abschluss seines Programms ein: Auf «Angel» und «She's The One», folgte das durch Frank Sinatra und Elvis Presley bereits zur Unsterblichkeit erhobene «My Way». Was bei jedem Anderen vermessen wirken würde, schien hier wie ein logischer Abschluss.
Selbst nachdem Robbie die Bühne bereits verlassen hatte, fand die Poprevue noch eine Fortsetzung: Aus den Boxen schallte «Time Of My Life» vom Soundtrack des Films «Dirty Dancing». Viele tanzten beglückt dazu aus dem Stadion.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch