Mobilmachung der Frauen
Weil die Rüstungsfirmen mehr exportieren wollen, soll der Bundesrat die Ausfuhr in Bürgerkriegsländer ermöglichen. Eine ungewöhnliche Frauenallianz leistet Widerstand.

Das Schweizer Stimmvolk lehnte 2009 ein Verbot von Kriegsmaterialexporten wuchtig ab. Auch, weil die Regeln für die Ausfuhr von Rüstungsgütern kurz zuvor verschärft wurden.
Seither hat der Wind gedreht: Bereits 2014 lockerte die Landesregierung im Auftrag des Parlaments die Regeln wieder. Schweizer Rüstungsfirmen dürfen Kriegsmaterial in Länder exportieren, in denen Menschenrechte verletzt werden.
Im April 2016 erfolgte die nächste Aufweichung der Kriegsmaterialverordnung: Das Verbot, Rüstungsgüter in Länder zu liefern, die in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sind, soll nur noch dann gelten, wenn im Empfängerland selbst ein interner bewaffneter Konflikt herrscht. Damit wurden Waffenlieferungen etwa nach Saudiarabien wieder möglich.
Video – Schweiz liefert wieder mehr Waffen
Jetzt bahnt sich eine weitere Lockerung der Exportbestimmungen an. Auf Druck der Rüstungsindustrie und nach einem intensiven Lobbying bei den Sicherheitspolitikern des Ständesrates ist der Bundesrat bereit, auch den Export in Bürgerkriegsländer zu prüfen. Man habe Verständnis für das Anliegen der Industrie, heisst es bei den zuständigen Departementen für Wirtschaft, Verteidigung und Äusseres.
Sechs Frauen, sechs Parteien
Diese Ankündigung hat sechs Frauen aus sechs verschiedenen Parteien aufgeschreckt. «Wir wollen mit dem gemeinsamen Vorgehen lautstark auf unsere grossen Bedenken gegenüber einer Lockerung der Kriegsmaterialverordnung aufmerksam machen», sagt Initiantin Priska Seiler Graf, Zürcher SP-Nationalrätin. Unter dem Titel «Kriegsmaterialverordnung nicht demontieren» verlangen sie kommenden Montag in der Fragestunde Auskunft zum umstrittenen Geschäft. Seiler Graf befürchtet insbesondere, dass der Bundesrat damit die Anliegen der Rüstungsindustrie stärker gewichtet als die humanitäre Tradition der Schweiz.
Unter den sechs Frauen findet sich mit Natalie Rickli auch eine SVP-Nationalrätin. Sie betont, dass man als neutrales Land hier keine neuen Unsicherheiten schaffen sollte: «Die angedachte Ausweitung schiesst über das Ziel hinaus.» CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer weist auf den zweiten Punkt der geplanten Änderung hin. Rüstungsfirmen hatten in einem Brief an die Mitglieder der Sicherheitspolitischen Kommission verlangt, dass Ausfuhrbewilligungen nicht wie bisher eines, sondern zwei Jahre gültig sind. Das geltende Gesetz sehe bewusst vor, dass der Bundesrat ein Exportgeschäft stoppen könne, wenn sich die Lage in einem Land ändere, betont Schmid-Federer.
Nebst Seiler Graf, Rickli und Schmid- Federer sind die Grüne Sibel Arslan, die Grünliberale Kathrin Bertschy und die BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti Teil der ungewöhnlichen Allianz. Letztere ärgert sich darüber, dass die Landesregierung unter dem federführenden Departement von Johann Schneider-Ammann überhaupt eine solche Verordnungsänderung prüft: «Man kann doch in der heutigen Weltlage nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, Rüstungsgüter in Länder mit internen Konflikten auszuführen.» Dass die Verordnung am Parlament vorbeigeschmuggelt werden könnte, beschäftigt über die Allianz hinaus. So will SP-Nationalrätin Chantal Galladé diese Unsicherheit in der Sicherheitspolitischen Kommission klären.
Eine FDP-Politikerin ist bei der Allianz nicht vertreten. Das überrascht insofern nicht, als 2014 die FDP-Nationalräte geschlossen für die damalige Lockerung votierten. Nationalrätin Corina Eichenberger, Co-Präsidentin des Arbeitskreises Sicherheit und Wehrtechnik, betont, dass es aus sicherheitspolitischen Gründen wichtig sei, dass die Schweiz eine starke Rüstungsindustrie habe. Zudem bezweifelt sie, dass zur Diskussion stehende Güter wie etwa Luftabwehrsysteme gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden könnten.
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