Mode für es
H&M entwirft jetzt geschlechtsneutrale Kleider. Das Androgyne wird Mainstream.

Die Modekette Hennes & Mauritz hat eine neue Kleiderlinie entworfen, die es ab Januar in ausgesuchten Filialen zu kaufen gibt – auch in Zürich und Genf.
Das Besondere: Der glänzende Lack-Hoodie und die groben Turnschuhe sind für Männer und Frauen. Beziehungsweise für keinen von beiden. Es ist eine Unisex-Kollektion, kreiert in Kooperation mit dem Stockholmer Label Eytys.
Dass Mode mit den Geschlechtern spielt, ist nicht neu. Edelmarken wie Gucci, Vivienne Westwood oder Alexander McQueen verwischten die Grenzen zwischen männlich und weiblich, auf Laufstegen dreht sich niemand mehr nach Männern in Seidenkleidern und Frauen in kastensilhouettenförmigen Blazern um. Bekanntestes Schweizer Androgyn-Model ist die Bernerin Tamy Glauser, die auch auf Männermodeschauen läuft. Als eines der ersten kommerziellen Labels entwarf Zara die «Ungendered»-Linie.
Auch H&M brachte letztes Jahr eine Unisex-Kollektion heraus, die war allerdings ganz in Denim, und Jeans haben schon lange kein Geschlecht mehr. Mit der neuen genderneutralen Linie setzt der Konzern ein Ausrufezeichen. Kein modisches, sondern ein gesellschaftliches. Denn H&M ist Modemasse und Massenmode. H&M demokratisiert Mode.
Eine Frage der Freiheit
Deshalb ist es ein Statement, wenn der Konzern Unisex-Kleidung ins Sortiment aufnimmt. Zwar sind fluide Identitäten in Politik und Prominenz gerade sehr präsent. Die USA streiten über freie Toilettenwahl für Transgender-Schüler, Deutschland führt ein drittes Geschlecht ein, und auch die Schweiz wird diese Frage diskutieren. Die kanadische Sängerin Céline Dion hat eben eine geschlechtsneutrale Kinderkollektion entworfen, und Schauspieler Jaden Smith wirft sich immer mal wieder in Kleider und Röcke.
Doch noch immer sind die Widerstände gross. Das zeigt das Beispiel jener Londoner Kaufhauskette, die nicht mehr getrennt nach «Mädchen» und «Knaben» anschreiben wollte. Ein Proteststurm zog auf, er reichte bis in die britische Politik. Ein konservativer Abgeordneter beklagte übertriebene Political Correctness. Der «Guardian» erinnerte damals mit der britischen Designerin Katharine Hamnett daran, dass Unisex-Kleidung nicht nur jene etwas angeht, die sich im falschen Körper fühlen. Frauen hätten einst männliche Kleidung getragen, um sich Macht zu verschaffen. Würden nun die Grenzen zwischen Männer- und Frauenmode verfliessen, sei das nichts anderes als ein Zeichen von Freiheit: indem Frauen anziehen können, was sie wollen (was natürlich auch für Männer gilt, nur machen die davon weniger Gebrauch).
Auf Modeportalen wird die neue Unisex-Kollektion von H&M positiv kommentiert. Schon im Sommer fragte die französische «Vogue»: «Ist die Zukunft der Mode genderfrei?» Der schwedische Konzern selbst, der seit längerem mit schlechten Geschäftszahlen kämpft, schreibt über die neue Kollektion, sie stehe über Alters- oder Geschlechtergrenzen. Ein «generischer Look» sei das Ziel, bei der es um Funktion und statt um Verzierung gehe, um Stil statt um Geschlecht.
Solange die Abwesenheit mädchen- und jungstypischer Pulloveraufdrucke, wie im Fall des britischen Kaufhauses, als Gefährdung für die kindliche Entwicklung gilt, gibt es allerdings noch einiges zu tun. Da hilft es wenig, wenn Céline Dion Unisex-Kinderkleider designt, die können sich kaum jemand leisten kann.
H&M kann da mehr ausrichten. Die neue Kollektion gibt es auch in Kindergrösse.
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